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Gute Nachricht für Auftraggeber im VOB/B-Vertrag

Öffentliche Hand

Die Kündigungsmöglichkeit gemäß § 8 Abs. 2 VOB/B hält der Inhaltskontrolle stand!

Gute Nachricht für Auftraggeber im VOB/B-Vertrag

§ 8 Abs. 2 VOB/B enthält eine Kündigungsmöglichkeit für den Auftraggeber für den Insolvenzfall des Auftragnehmers. § 8 Abs. 2 VOB/B lautet wie folgt:

„1. Der Auftraggeber kann den Vertrag kündigen, wenn der Auftragnehmer seine Zahlungen einstellt, von ihm oder zulässigerweise vom Auftraggeber oder einem anderen Gläubiger das Insolvenzverfahren (§§ 14 und 15 InsO) bzw. ein vergleichbares gesetzliches Verfahren beantragt ist, ein solches Verfahren eröffnet wird oder dessen Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird.

2. Die ausgeführten Leistungen sind nach § 6 Abs. 5 abzurechnen. Der Auftraggeber kann Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Restes verlangen.“

Die Chance auf Fortführung eines insolventen Unternehmens in der Baubranche ist im Regelfall äußerst gering. Mit weiteren Leistungen des insolventen Auftragnehmers oder Insolvenzverwalters ist daher im Regelfall nicht zu rechnen.

Die Möglichkeit, es sich in den genannten Fällen vom Vertrag zu lösen, stellt daher oft einen Segen für den Auftraggeber dar. Denn sofern diese Kündigungsmöglichkeit für den Insolvenzfall einer gerichtlichen Überprüfung standhält, kann der Auftraggeber im Insolvenzfall des Auftragnehmers schnell klare Verhältnisse schaffen und muss sich nicht zunächst (zeitlich) vertrösten lassen, bis der Insolvenzverwalter (sofern das Insolvenzverfahren überhaupt eröffnet wird) sein Wahlrecht gemäß § 103 InsO ausübt. Denn gemäß § 103 InsO kann der Insolvenzverwalter im Insolvenzfall bei noch nicht vollständig erfüllten Verträgen entweder erklären, dass er den Vertrag anstelle des Schuldners erfüllen wird (im Gegenzug gegen die vertraglich vereinbarte Gegenleistung), oder der Insolvenzverwalter kann die Erfüllung des Vertrags ablehnen. Bis dies jedoch (wenn überhaupt) geschieht, verstreicht oft wertvolle Zeit und Zeit kostet, insbesondere beim Bauen, Geld. Gemäß § 119 InsO sind von §§ 103-118 InsO abweichende Vereinbarungen unwirksam.

Es war daher zunächst umstritten, ob die Kündigungsmöglichkeit gemäß § 8 Abs. 2 VOB/B das Wahlrecht des Insolvenzverwalters, Erfüllung oder Nichterfüllung des Bauvertrages zu erklären, unangemessen beschränkt und damit gesetzgeberischen Grundgedanken widerspricht und deswegen gegebenenfalls einer AGB-rechtlichen Wirksamkeitskontrolle durch die Gerichte nicht standhalten würde. Folge wenn die Bestimmung gemäß § 8 Abs. 2 VOB/B der gesetzlichen Inhaltskontrolle nicht standhält wäre, dass im Zweifel eine freie Kündigung des Auftraggebers vorliegen würde. Diese hat weit negativere Folgen für den Auftraggeber als eine Kündigung gemäß § 8 Abs. 2 VOB/B.

Der Bausenat des Bundesgerichtshofs hat bereits mit Urteil vom 07.04.2016, Az. VII ZR 56/15 = NJW 2016, 1945 entschieden, dass § 8 Abs. 2 VOB/B nicht wegen Verstoßes gegen §§ 103, 119 InsO unwirksam ist. Damit hält § 8 Abs. 2 VOB/B gemäß dieser Entscheidung des Bausenats der gesetzlichen Inhaltskontrolle stand und ist wirksam.

Lange wurde befürchtet, dass der Insolvenzsenat des Bundesgerichtshofs hier eine andere Rechtsauffassung als der Bausenat haben könnte. Nunmehr hat der Insolvenzsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 27.10.2022, Az. IX ZR 213/21 = BeckRS 2022, 36530 entschieden, dass insolvenzbedingte Lösungsklauseln vom Vertrag dann wirksam sein können, wenn für deren Vereinbarung berechtigte Gründe bestehen bzw. deren Vereinbarung sich aus einer gerechtfertigten Zielsetzung zugunsten eines Sach- oder Dienstleistungsgläubigers ergibt. Der BGH hat in dem genannten Urteil, das sich mit der insolvenzbedingten Kündigung eines Bus-Transportvertrages auseinandersetzt, entschieden, dass der Auftragnehmer bei Bauverträgen durch einen Eigeninsolvenzantrag in der Regel das für die Fortführung des Bauvertragsverhältnisses erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört. Deswegen sei der Auftraggeber unter Berufung auf § 8 Abs. 2 VOB/B berechtigt, sich vom Vertrag zu lösen. Hingegen seien insolvenzbedingte Lösungsklauseln zugunsten eines (reinen) Geldleistungsgläubigers regelmäßig unwirksam.

Damit dürfte die Befürchtung, der Insolvenzsenat könnte eine vom Bausenat des Bundesgerichtshofs abweichende Entscheidung zu § 8 Abs. 2 VOB/B treffen, was gegebenenfalls eine Entscheidung des großen Senats des Bundesgerichtshofs erforderlich machen könnte, gebannt sein.

Das Kündigungsrecht des § 8 Abs. 2 VOB/B bleibt den Auftraggebern daher erhalten.

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