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Geschäftsführerhaftung: Vereinbarungen zu Haftungsmaßstab und Verjährung bei GmbH in öffentlicher Hand

Öffentliche Hand
Geschäftsführerhaftung: Vereinbarungen zu Haftungsmaßstab und Verjährung bei GmbH in öffentlicher Hand

Das OLG Hamm hatte über Schadensersatzansprüche einer GmbH gegen ihren ehemaligen Geschäftsführer zu entscheiden (Urteil vom 08. März 2023, Az.: 8 U 198/20). Die GmbH befand sich mehrheitlich in öffentlicher Hand.

Das Gericht entschied, dass die Haftung eines Geschäftsführers gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG in dessen Anstellungsvertrag wirksam auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt werden kann. Dies könne bei einer GmbH in öffentlicher Hand beispielsweise in der Weise erfolgen, dass für die Haftung schlicht auf die Haftungsregeln verwiesen wird, die für Beamte der öffentlichen Körperschaft, die den Geschäftsführer entsendet, gelten. Ein solcher pauschaler Verweis auf beamtenrechtliche Vorschriften habe auch zur Folge, dass Schadensersatzansprüche in Abweichung zu § 43 Abs. 4 GmbHG entsprechend den beamtenrechtlichen Vorschriften verjähren.

Sachverhalt

Die klagende GmbH machte gegen ihren ehemaligen Geschäftsführer Schadenersatz wegen Pflichtverletzung geltend. Mehrheitsgesellschafterin der klagenden GmbH war eine hundertprozentige Tochtergesellschaft einer kommunalen Gebietskörperschaft, der Stadt A. Der Beklagte war ursprünglich Beamter der Stadt A und zur Dienstleistung als Geschäftsführer der Klägerin zugewiesen. Diese Stellung hatte er auch noch nach Eintritt in den beamtenrechtlichen Ruhestand inne. Sämtliche mit der Klägerin vereinbarten Anstellungsverträge sahen vor, dass im Innenverhältnis zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer die Haftungsregeln für Beamte auf Lebenszeit der Stadt A Anwendung finden. Die Regelung blieb auch Teil des Anstellungsvertrags, als der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden war. Die Klägerin warf dem Beklagten im Wesentlichen vor, unter anderem gegen seine Sorgfalts- und Treuepflichten als Geschäftsführer gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG verstoßen zu haben.

Urteil des OLG Hamm

Die Klägerin konnte nach dem Urteil des OLG Hamm ihre Schadensersatzforderungen gegen ihren ehemaligen Geschäftsführer auf die allgemeine Haftungsnorm des § 43 Abs. 2 GmbHG stützen.

Dazu stellte das OLG Hamm zunächst fest, dass § 43 Abs. 1 GmbHG auch für öffentliche Unternehmen gilt. Gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG hätten die Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden. Besonderheiten für öffentliche Unternehmen bestünden insoweit grundsätzlich nicht. Durch die Wahl der Rechtsform der GmbH habe sich die öffentliche Hand den entsprechenden Regelungen des Gesellschaftsrechts unterworfen.

Das OLG Hamm kam zu dem Ergebnis, dass der Beklagte im Rahmen des § 43 Abs. 2 GmbHG nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet. Die Beamteneigenschaft des Beklagten an sich habe auf seine organschaftlichen Pflichten zwar keinen Einfluss. Denn die Organeigenschaft und die Beamteneigenschaft einer Person seien voneinander zu trennen.

Durch die Regelung im Anstellungsvertrag, dass für den Beklagten im Innenverhältnis zur Gesellschaft die Haftungsregelungen gelten, die für Beamte auf Lebenszeit der Stadt A gelten, hätten die Parteien aber den Verschuldensmaßstab wirksam auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt, weil durch diese Verweisung der Haftungsmaßstab des § 48 BeamtStG zur Anwendung komme.

Das OLG Hamm ging dabei mit dem Bundesgerichtshof davon aus, dass eine Haftungsbeschränkung bei § 43 Abs. 2 GmbHG zulässig ist. Dies könne bei Gesellschaften, die mit der Erfüllung staatlicher Aufgaben beauftragt werden und deren Gesellschafter in der Regel Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, auch durch Bezugnahme auf beamtenrechtliche Vorschriften umgesetzt werden, wofür eine entsprechende Regelung durch einen Gesellschafterbeschluss oder im Anstellungsvertrag genüge. Eine solche Regelung sah das OLG Hamm in der Verweisung auf die Haftungsregeln für Beamte auf Lebenszeit der Stadt A.

Weiter urteilte das OLG Hamm, dass die Schadensersatzansprüche aufgrund der im Anstellungsvertrag vereinbarten Verweisung auf die beamtenrechtlichen Vorschriften gemäß § 48 BeamtStG (§ 46 BRRG a.F.) i.V.m. § 80 Abs. 1 S. 1 LBG NW (§ 46 Abs. 2 BRRG a.F.) innerhalb von drei Jahren von dem Zeitpunkt an verjähren, in dem der Dienstherr von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat. Ohne Rücksicht auf die Kenntnis betrage die Frist im beamtenrechtlichen Bereich zehn Jahre ab Begehung der Handlung (§ 80 Abs. 1 S. 1 LBG NW). Hierzu hielt das OLG Hamm fest, dass eine solche Verweisung wirksam sei.

In diesem Zusammenhang führte das Gericht aus, dass der Verweis auf die beamtenrechtlichen Vorschriften zu einem gegenüber § 43 Abs. 4 GmbHG abweichenden Verjährungsbeginn führt, denn sowohl nach § 46 Abs. 2 S. 1 BRRG a.F. als auch nach § 80 Abs. 1 S. 1 LBG NW sei die Kenntnis des Dienstherrn maßgeblich, die häufig faktisch zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist führen würde. So war es auch in dem vom OLG Hamm zu entscheidenden Fall.

Ohne Rücksicht auf die Kenntnis betrage die Frist im beamtenrechtlichen Bereich zehn Jahre ab Begehung der Handlung, sodass sie deutlich länger als die ebenfalls kenntnisunabhängig beginnende Frist des § 43 Abs. 4 GmbHG sei. Damit sei im direkten Vergleich die Regelung des § 43 Abs. 4 GmbHG günstiger für den Geschäftsführer.

Anmerkungen

Das Urteil des OLG Hamm ist zu begrüßen. Eine Haftungsprivilegierung für Geschäftsführer öffentlicher Unternehmen wird häufig sinnvoll sein. Bei Bedarf hiernach sollte daher auch entsprechender Gestaltungsspielraum bestehen. Durch einen Verweis auf die Haftungsregelungen, die für Beamte der (mittelbar) beteiligten öffentlichen Körperschaft gelten, kann eine solche nach dem Urteil des OLG Hamm allein im Anstellungsvertrag erreicht werden, ohne dass dazu die Satzung geändert werden müsste. Zu prüfen ist im konkreten Fall, ob Rechte eines Minderheitsgesellschafters in unzulässiger Weise tangiert werden und wie diese Rechte erforderlichenfalls gewahrt werden können.

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