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Der neue Vorwegabschlag bei der Erbschaftsteuer für Familienunternehmen

Fachbeiträge

Um Familienunternehmen bei der Erbschaftsteuer nicht nur durch die bereits bekannten Verschonungsregeln zu entlasten, wurde in das neue Erbschaftsteuerrecht eine weitere besondere Begünstigung speziell für Familienunternehmen aufgenommen. Erfüllt ein Familienunternehmen strikte Entnahme-, Verfügungs- und Abfindungsbeschränkungen, kann der Wert des übergehenden begünstigten Vermögens vorab um bis zu 30 % reduziert werden. Dieser Vorwegabschlag wird zusätzlich und unabhängig davon gewährt, ob noch andere Vergünstigungen zur Anwendung kommen. Schaut man sich die neuen Regelungen allerdings genauer an, wird klar, dass der Gesetzgeber den Familienunternehmen und ihren Gesellschaftern einiges abverlangt, um in den Genuss der Entlastung zu kommen.

Welche Voraussetzungen müssen Familienunternehmen erfüllen und welche Hürden müssen übersprungen werden?

Um in den Genuss des Vorwegabschlags kommen zu können, müssen Familienunternehmen einige strenge Voraussetzungen erfüllen:

Entnahme/Ausschüttungsbeschränkungen

Als erste Voraussetzung muss der Gesellschaftsvertrag des Familienunternehmens sicherstellen, dass Entnahmen (bei Personengesellschaften) oder Ausschüttungen (bei Kapitalgesellschaften) auf höchstens 37,5 % des um die auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttung entfallenden Steuern vom Einkommen gekürzten Betrags des Gewinns beschränkt sind. Maßgeblich ist dabei allerdings nicht der handelsrechtliche Gewinn, auf den in Gesellschaftsverträgen üblicherweise abgestellt wird, sondern der steuerrechtliche Gewinn. Entnahmen zur Begleichung der auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttung entfallenden Steuern vom Einkommen bleiben von dieser Beschränkung unberücksichtigt. Das heißt, diese Beträge können zusätzlich entnommen/ausgeschüttet werden. Aber Achtung: Dies gilt nicht für die Entnahmen zur Begleichung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer.

 

Die Gesellschaftsverträge von Familienunternehmen werden solche Bestimmungen in der Regel heute noch nicht zum Inhalt haben. Bei der Überarbeitung des Gesellschaftsvertrags bestehen jedoch einige Untiefen, die umschifft werden müssen: Es stellt sich nämlich schon die Frage, wie der Begriff „steuerrechtlicher Gewinn“ konkret zu verstehen ist, da dies im Gesetz nicht eindeutig definiert wurde. Unklar ist auch, was passiert, wenn es nachträglich zu Steuererstattungen kommt. Und sind verdeckte Gewinnausschüttungen schädlich? Ist für die Ausnahme von den Beschränkungen zur Begleichung der auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttung entfallenden Steuern jeder Gesellschafter individuell zu betrachten, oder kann im Gesellschaftsvertrag, wie dies häufig der Fall ist, pauschal auf den Spitzensteuersatz abgestellt werden? Angesichts dieser Unklarheiten empfiehlt es sich nach derzeitigem Stand, vorsorglich eher restriktive Regelungen zu vereinbaren, auch wenn dadurch möglicherweise nicht das maximal zulässige Entnahme-/Ausschüttungspotential erschlossen wird.

Einschränkung für Verfügungen über die Beteiligung am Familienunternehmen

Als zweite Voraussetzung dürfen Verfügungen über die Beteiligung am Familienunternehmen, das heißt beispielsweise Verkäufe oder Schenkungen, gesellschaftsvertraglich nur an einen eingeschränkten Personenkreis zulässig sein. Dies sind Mitgesellschafter, Angehörige im Sinne des § 15 der Abgabenordnung (AO) oder eine Familienstiftung. Angehörige in diesem Sinn sind eher nahe Verwandte wie bspw. Kinder, Geschwister sowie Ehegatten. Zwar haben die meisten Familienunternehmen die Übertragung von Beteiligungen im Gesellschaftsvertrag schon erheblich eingeschränkt. Dennoch müssen diese Regelungen sorgfältig geprüft werden, ob sie tatsächlich die strengen Voraussetzungen des neuen Gesetzes erfüllen.

Abfindungsbeschränkung

Zum Dritten muss für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters aus dem Familienunternehmen im Gesellschaftsvertrag eine Abfindung festgelegt sein, die unter dem so genannten „gemeinen Wert“ liegt. In der Praxis wird sich empfehlen, Bewertungsverfahren zu vereinbaren, die nach anerkannten Bewertungsmethoden auf eine konkrete Ermittlung des Verkehrswerts abzielen (bspw. Bewertung nach IDW S1) und dann einen genau bezifferten prozentualen Abschlag als Abfindungsbeschränkung zu regeln.

Tatsächliche Verhältnisse

Nicht zuletzt dürfen die Regelungen außerdem nicht nur „pro forma“ im Gesellschaftsvertrag enthalten sein, sondern müssen auch tatsächlich gelebt werden.

Wie hoch kann die Entlastung ausfallen?

Werden alle Voraussetzungen erfüllt, stellt sich die Frage, wie hoch die Begünstigung ausfällt. Entscheidend für die Höhe der Entlastung ist, in welchem Umfang die Abfindung für das Ausscheiden eines Gesellschafters im Gesellschaftsvertrag den Verkehrswert unterschreitet. Maximal kann der Wert so um 30 % reduziert werden. Fällt die Abfindungsbeschränkung geringer als 30 % aus, wird der Abschlag nur in dem Umfang gewährt, in dem die Abfindung den Verkehrswert unterschreitet. Unterschreitet die Abfindung also beispielsweise den Verkehrswert nur um 20 %, wird der Vorwegabschlag auch nur i.H.v. 20 % gewährt.

Wie lange müssen die Voraussetzungen eingehalten und was muss sonst noch beachtet werden?

Zu guter Letzt müssen die strikten Vorgaben für einen Zeitraum von mindestens 22 Jahren beibehalten werden: Der Gesetzgeber verlangt nämlich, dass die Regelungen mindestens zwei Jahre vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer und für einen Zeitraum von mindestens 20 Jahren nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer eingehalten werden müssen. Bei einer größeren Zahl von Gesellschaftern, wenn es also immer wieder zu Erbfällen oder Schenkungen kommen kann, müssen die Vorgaben damit faktisch „für immer und ewig“ eingehalten werden. Außerdem ist jede Änderung der besonderen Regelungen des Gesellschaftsvertrags sowie jede Änderung der tatsächlichen Verhältnisse dem Finanzamt innerhalb einer Frist von einem Monat anzuzeigen.

Was passiert, wenn die Voraussetzungen nicht eingehalten werden?

Werden die strikten Vorgaben nicht über den gesamten Zeitraum eingehalten, fällt der Vorwegabschlag mit Wirkung für die Vergangenheit insgesamt weg („Fallbeileffekt“). Selbst wenn also im 19. Jahr nach einem Erbfall oder einer Schenkung möglicherweise nur ein geringfügig zu hoher Betrag ausgeschüttet wurde, ist die gesamte Entlastung in voller Höhe zu entrichten. Ein Abschmelzen oder eine andere Milderung der Folgen eines Verstoßes hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Wird versäumt, eine für die Entlastung relevante Änderung des Gesellschaftsvertrags oder der tatsächlichen Verhältnisse dem Finanzamt anzuzeigen, kann dies möglicherweise als Steuerhinterziehung gewertet werden.

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