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Das Zukunftsfinanzierungsgesetz: Mehrstimmrechtsaktien und erleichterte Kapitalaufnahme von Aktiengesellschaften

Fachbeiträge
Das Zukunftsfinanzierungsgesetz: Mehrstimmrechtsaktien und erleichterte Kapitalaufnahme von Aktiengesellschaften

Das am 15. Dezember 2023 in Kraft getretene Zukunftsfinanzierungsgesetz ändert das Recht der Eigenkapitalaufnahme von Aktiengesellschaften in einer Reihe von Aspekten. Das Gesetz soll die Leistungsfähigkeit des deutschen Kapitalmarkts stärken und die Attraktivität des Finanzstandorts Deutschland erhöhen. Für die Praxis bedeutsam sind vor allem die (Wieder-) Einführung von Mehrstimmrechtsaktien und mehrere Änderungen im Kapitalerhöhungsrecht:

(Wieder-)Einführung von Mehrstimmrechtsaktien

Durch die Ausgabe von Mehrstimmrechtsaktien können Aktionäre trotz der Durchführung von Kapitalmaßnahmen die unternehmerische Kontrolle über ihr Unternehmen behalten. Mehrstimmrechtsaktien sind daher für Familienunternehmen oder Startups interessant, die Investorengelder einsammeln. Mehrstimmrechtsaktien können von Gesellschaften in der Rechtsform der AG, SE oder KGaA geschaffen werden. Voraussetzung ist, dass die Hauptversammlung die Ausgabe der Mehrstimmrechtsaktien mit den Stimmen sämtlicher Aktionäre beschließt. Für Publikumsgesellschaften kommt die Einführung daher nicht in Betracht. Mehrstimmrechte dürfen höchstens das Zehnfache des Stimmrechts einer gewöhnlichen Aktie betragen.

Anfechtungsrisiken beim Bezugsrechtsausschluss gesenkt

Kapitalerhöhungsbeschlüsse der Hauptversammlung, die das Bezugsrecht der Aktionäre ausschließen, konnten bisher von Aktionären mit der Begründung angefochten werden, dass der Ausgabebetrag der neuen Aktien unangemessen niedrig sei oder dass ein anderer Aktionär durch den Kapitalerhöhungsbeschluss einen Sondervorteil zu erlangen suchte („Bewertungsrüge“). Insbesondere bei Sachkapitalerhöhungsbeschlüssen zur Einbringung von Unternehmensanteilen führte dies häufig zu einem Streit über die Bewertung der Anteile und eröffnete eine Blockademöglichkeit für Aktionäre. Als Folge der Klageerhebung setzten die Registergerichte das Eintragungsverfahren aus, bis über die Klage rechtskräftig entschieden wurde. Das Risiko der Klageerhebung führte zu der allgemeinen Einschätzung, dass Sachkapitalerhöhungsbeschlüsse bei Publikumsgesellschaften wenig praktikabel seien, so dass häufig der Weg über die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals gewählt wird. Nach der Neuregelung in § 255 Abs. 4 AktG werden Aktionäre nach dem Prinzip „Kompensation statt Kassation“ auf das Spruchverfahren verwiesen, in dem überprüft wird, ob die Ausgabe der neuen Aktien zu einem angemessenen Wert erfolgte. Die Bewertungsrüge hindert die Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschluss in das Handelsregister nicht, so dass die Hängepartie bis zur gerichtlichen Entscheidung entfällt.

Anhebung der Volumengrenze für vereinfachten Bezugsrechtsausschluss

Ein Bezugsrechtsausschluss ist gemäß § 186 Abs. 3 S. 4 AktG  bei der Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen bis zu 20 % des Grundkapitals statt wie bisher bis zu 10 % des Grundkapitals zulässig, d.h. ohne besondere sachliche Rechtfertigung möglich, sofern der Ausgabebetrag den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet. Die Vereinfachung kann daher nur von an der Börse gelisteten Gesellschaften in Anspruch genommen werden. Die neuen Aktien können bis zu dieser Höhe auch prospektfrei zum Börsenhandel zugelassen werden (Art. 1 Abs. 5 lit. a) EU-ProspektVO). Der vereinfachte Ausschluss gilt auch für die Schaffung eines genehmigten Kapitals. Es kann sich daher anbieten, bestehende Ermächtigungen in der anstehenden HV-Saison zu erweitern.

Erhöhung der Volumengrenzen für das bedingte Kapital

Bedingte Kapitalien, insbesondere für Wandel- und Optionsschuldverschreibungen oder die Mitarbeiterbeteiligung, können nun insgesamt bis zu 60 % (statt bisher 50 %) des Grundkapitals betragen (§ 192 Abs. 3 S. 1 AktG). Zudem kann ein bedingtes Kapital für  Aktienoptionspläne zur Mitarbeiterbeteiligung bis zu 20 % (statt bisher 10 %) des Grundkapitals geschaffen werden. Zudem hebt das ZuFinG den Steuerfreibetrag in § 3 Nr. 39 EStG für Mitarbeiterbeteiligungen, die grundsätzlich allen Mitarbeitern des Unternehmens offenstehen, zum 1.1.2024 von 1.400 EUR auf 2.000 EUR an. Dies verschafft insbesondere Wachstumsunternehmen zusätzlichen Spielraum.

Fazit

Die Einführung von Mehrstimmrechtsaktien, den Anfechtungsausschluss bei Bewertungsrügen sowie die erhöhten Volumengrenzen für den vereinfachten Bezugsrechtsausschluss und das bedingte Kapital erweitern die Handlungsoptionen. Fraglich bleibt, ob diese Reform den Kapitalmarkt in Deutschland spürbar aufwertet.

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