Kontakt

Ob Sie lieber eine E-Mail senden, zum Telefon greifen oder das gute alte Fax nutzen. Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.

Anruf unter
+49 711 86040 00
Fax unter
+49 711 86040 01

Bieterfreundliche Rechtsprechung zu Rügeobliegenheit bei zweistufigen Verfahren

Die Vergabekammer des Bundes hat jüngst entschieden, dass die Rüge von möglichen Vergaberechtsverstößen bei zweistufigen Verfahren bis zum Ablauf der Angebotsfrist (und nicht lediglich bis zum Ablauf der Teilnahmefrist) möglich sein muss, soweit der Vergaberechtsverstoß die Angebotsphase betrifft. Dies habe auch vor dem Hintergrund zu gelten, dass die Bieter auf die gesamten Vergabeunterlagen bereits zeitgleich mit der Auftragsbekanntmachung Zugriff bekommen.

Sachverhalt


In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Verfahren wurde die Lieferung von medizinischem Cannabis im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb europaweit ausgeschrieben. Die Antragstellerin rügte erst in der Angebotsphase verschiedene Punkte, die sich aus den Vergabeunterlagen ergaben. Die Vergabestelle hatte diese Vergabeunterlagen bereits mit Bekanntmachung des Verfahrens vollständig zur Verfügung gestellt.

Die Rüge wurde zurückgewiesen, woraufhin die Antragstellerin ein Nachprüfungsverfahren anstrengte. Der Auftraggeber wies auf die Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags unter Verweis auf das Verstreichen der Rügefrist des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB hin. Die Vergabeunterlagen seien bereits mit der Auftragsbekanntmachung zur Verfügung gestellt worden, so dass die Bewerbungsfrist und nicht die Angebotsfrist im Rahmen der Rügeobliegenheit gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB maßgeblich sei.

Entscheidung


Die VK Bund hat entschieden, dass der Nachprüfungsantrag zulässig ist, insbesondere hat die Antragstellerin die ihrer Ansicht nach bestehenden Vergaberechtsverstöße rechtzeitig gerügt. Bei zweistufigen Vergabeverfahren sei für den Zeitpunkt der Rüge entscheidend, ob der beanstandete Vergaberechtsverstoß den Teilnahmewettbewerb oder die Angebotsphase betreffe. Zwar waren die Vergabeunterlagen nach § 41 Abs. 1 VgV bereits mit der Auftragsbekanntmachung elektronisch abrufbar. Der Wortlaut des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB sei jedoch wahlweise zu verstehen und nicht zugunsten eines Vorrangs der Bewerbungsfrist vor der Angebotsfrist bei zweistufigen Vergabeverfahren. Als Argument für die zugrundeliegende Entscheidung zog die VK Bund die Gesetzesbegründung heran. Danach sollte der im Vergleich zur alten Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB geänderte Wortlaut eine zusätzliche Rügeobliegenheit in der Angebotsphase schaffen. Dies sollte unabhängig davon gelten, ob im Rahmen eines zweistufigen Vergabeverfahrens die Angebotsfrist bereits in der Auftragsbekanntmachung genannt worden sei.

Fazit: Seit der Vergaberechtsreform im April 2016 haben öffentliche Auftraggeber die Vergabeunterlagen den Bietern gemäß § 41 Abs. 1 VgV bereits mit der Veröffentlichung der Auftragsbekanntmachung vollständig zur Verfügung zu stellen. Konsequenterweise könnte daraus der Schluss gezogen werden, dass mit der Pflicht zu einer Zurverfügungstellung der Vergabeunterlagen bereits mit Auftragsbekanntmachung korrespondierend auch die Pflicht einhergeht, mögliche Vergaberechtsverstöße bereits innerhalb des Teilnahmewettbewerbs zu rügen. Die VK Bund war im vorliegenden Fall jedoch anderer Ansicht. Es bleibt abzuwarten, ob auch andere Nachprüfungsinstanzen dieser bieterfreundlichen Auslegung des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB folgen werden. Denn durch eine solche Auslegung wird der Zeitraum, in dem ein Bieter Vergaberechtsverstöße rügen kann, deutlich verlängert. Dadurch wird der Sinn und Zweck der Rügeobliegenheit, die Bieter zu möglichst frühzeitigen Rügen anzuhalten und damit auch für den Auftraggeber schnell Rechtssicherheit zu schaffen, konterkariert.

Maßgebliche Entscheidung: VK Bund, Beschl. v. 13.11.2017 – VK 1–117/17des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB sei jedoch wahlweise zu verstehen und nicht zugunsten eines Vorrangs der Bewerbungsfrist vor der Angebotsfrist bei zweistufigen Vergabeverfahren. Als Argument für die zugrundeliegende Entscheidung zog die VK Bund die Gesetzesbegründung heran. Danach sollte der im Vergleich zur alten Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB geänderte Wortlaut eine zusätzliche Rügeobliegenheit in der Angebotsphase schaffen. Dies sollte unabhängig davon gelten, ob im Rahmen eines zweistufigen Vergabeverfahrens die Angebotsfrist bereits in der Auftragsbekanntmachung genannt worden sei.


 

Zurück