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Wettbewerbsrechtliche Grenzen eines kommunalen Internetportals

Fachbeiträge
Wettbewerbsrechtliche Grenzen eines kommunalen Internetportals

Viele Städte betreiben ein Internetangebot, auf dem nicht nur amtliche Mitteilungen, sondern auch Informationen über das Geschehen der Stadt bereitgestellt werden. Nach einer neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) verstößt dies nicht per se gegen das Gebot der Staatsferne der Presse. Es komme nach dem BGH entscheidend darauf an, ob der Gesamtcharakter eines kommunalen Internetangebots geeignet ist, die Institutionsgarantie der freien Presse zu gefährden oder nicht. Das war im Fall des Dortmunder Stadtportals „dortmund.de“ nicht der Fall.

Sachverhalt

Der Dortmunder Verlag „Lensing-Wolff“, welcher neben Tageszeitungen auch digitale Nachrichtenmedien anbietet, forderte die Stadt Dortmund auf, auf ihrem Internetportal neben amtlichen Mitteilungen nicht mehr auch redaktionelle Inhalte zu veröffentlichen, da dies die Grenzen der zulässigen kommunalen Öffentlichkeitsarbeit überschreite und deshalb nach § 3a UWG in Verbindung mit dem aus Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Gebot der Staatsferne der Presse wettbewerbswidrig sei. Die redaktionellen Beiträge auf dem Internetportal befassen sich mit dem aktuellen Geschehen der Stadt, Verwaltung sowie Stadtbezirken. Insbesondere wird in Text und Bildern über Politik, Sport, Wirtschaft, Kultur und Freizeit berichtet und enthält auch Interviews von Bürgern, Newsticker und dergleichen.

Während das LG Dortmund die Grenzen einer zulässigen kommunalen Berichterstattung überschritten sah und deshalb der Unterlassungsklage stattgab, verneinte das Berufungsgericht (OLG Hamm) einen Wettbewerbsverstoß und wies die Klage ab. Hiergegen richtete sich die Revision des Dortmunder Verlags.

Die Entscheidung

Der BGH hat sich dem OLG angeschlossen und wies die Revision von „Lensing-Wolff“ zurück. In seiner Entscheidung stellte er die nachfolgenden Grundsätze auf. So stünden Gemeinden aufgrund der Selbstverwaltungsgarantie des Artikel 28 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich auch Äußerungs- und Informationsrechte zu. Die kommunale Pressearbeit finde ihre Grenze jedoch in der institutionellen Garantie des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, welche die Freiheitlichkeit des Pressewesens insgesamt garantiere. Das Gebot der Staatsferne der Presse schütze auch vor sog. Substitutionseffekten kommunaler Online-Informationsangebote, die dazu führen, dass die private Presse ihre besondere Aufgabe im demokratischen Gemeinwesen nicht mehr erfüllen kann. Dass der Dortmunder Verlag nicht ein Druckerzeugnis der Stadt Dortmund, sondern deren Internetauftritt und damit ein Telemedienangebot beanstande, sei insofern unerheblich.

Für die konkrete Beurteilung kommunaler Publikationen sind nach dem BGH Art und Inhalt sowie eine wertende Gesamtbetrachtung maßgeblich. Dabei sei entscheidend, ob der Gesamtcharakter des Presseerzeugnisses geeignet ist, die Institutsgarantie aus Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu gefährden. Bei Online-Informationsangeboten, die nach ihren technischen Gegebenheiten nicht den für die Druckerzeugnisse bestehenden Kapazitätsbeschränkungen unterliegen, sei das quantitative Verhältnis zwischen zulässigen und unzulässigen Beiträgen regelmäßig weniger aussagekräftig als bei Printmedien. Für die Gesamtbetrachtung sei es deshalb bedeutsam, ob gerade die das Angebot der Staatsferne verletzenden Beiträge das Gesamtangebot auf dem Stadtportal prägen. Die von dem OLG nach diesen Maßstäben vorgenommene Beurteilung des Internetportals „dortmund.de“ sei demnach nicht zu beanstanden.

Fazit und Ausblick

Das Stadtportal „dortmund.de“ veröffentlicht neben amtlichen Mitteilungen auch umfangreich redaktionelle Beiträge über das aktuelle Geschehen in der Stadt. Nach der anzulegenden Gesamtbetrachtung und den aufgestellten Kriterien des BGH finden Stadtportale, die in mit „dortmund.de“ vergleichbarer Weise amtliche Mitteilungen und redaktionelle Beiträge veröffentlichen, zulässig. Das schafft insoweit ein gewisses Maß an Rechtssicherheit.

Andererseits ist es in Bezug auf Online-Angebote schwierig, eine ganz sichere Aussage darüber zu treffen, wann und unter welchen Voraussetzungen ein öffentliches Informationsangebot noch zulässig oder schon unzulässig ist. Die ganze Reihe von Kriterien für die Gesamtbetrachtung macht es schwierig, einen verlässlichen Grenzverlauf zu bestimmen. Die vorliegende Frage der Abgrenzung zwischen einer Informationstätigkeit bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben und dem Vordringen des Staates in die Kernbereiche journalistisch-redaktioneller Medientätigkeit ist eine im Kern verwaltungsrechtliche Frage, die auch noch die Verwaltungsgerichte beschäftigen wird.  

Maßgebliche Entscheidung: BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 – I ZR 97/21

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