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Stolpersteine auf dem Weg zur Verfahrensaufhebung

Öffentliche Hand
Stolpersteine auf dem Weg zur Verfahrensaufhebung

Nicht jedes Ausschreibungsverfahren führt zum gewünschten Ergebnis. Doch öffentliche Auftraggeber dürfen die Vergabe nicht ohne Weiteres aufheben. Vielmehr sind für eine vergaberechtlich „saubere“ Aufhebung bestimmte Voraussetzungen und Randbedingungen zu beachten. Ebenso sollte bereits vor der Aufhebung bedacht werden, wie es danach weitergeht.

Gestufte Zulässigkeit der Aufhebung

Egal ob bei Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen: Vergabeverfahren dürfen vergaberechtlich gerechtfertigt und damit sanktionslos nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben werden (vgl. bspw. § 17 VOB/A oder § 63 VgV). Liegt kein vergaberechtlicher Aufhebungsgrund vor, ist eine Aufhebung gleichwohl aus „sachlichem Grund“ (bspw. Wegfall des Beschaffungsbedarfs) möglich, hat allerdings mögliche Schadensersatzforderungen für die vergebliche Teilnahme am Vergabeverfahren zur Folge.

Hebt eine Vergabestelle hingegen willkürlich auf bzw. um den Zuschlag an den Bestbieter zu verhindern („Schein-Aufhebung“), droht eine Schadensersatzklage auf entgangenen Gewinn. Bei EU-weiten Ausschreibungen können die Bieter zudem im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer in einem solchen Fall die „Aufhebung der Aufhebung“ durchsetzen. Liegt hingegen ein sachlicher Grund vor, ist die Aufhebung wirksam.

Aufhebung wegen Unwirtschaftlichkeit

Der wichtigste Aufhebungsgrund ist dabei die „Unwirtschaftlichkeit der Angebote“. Ganz grob gilt: Eine Ausschreibung kann dann als unwirtschaftlich angesehen werden, wenn die Angebote mindestens 20% über der im Vorfeld aufgestellten Kostenprognose liegen. Bei einzelnen Losen oder Gewerken kommt es auf die Einzelausschreibung an, nicht auf die Unwirtschaftlichkeit des Gesamtprojekts.

Oftmals scheitert eine Aufhebung jedoch an der belastbaren Kostenprognose als Vergleichsmaßstab. Sind die im Vorfeld geschätzten Preise nämlich veraltet oder stimmen sie nicht exakt mit der ausgeschriebenen Leistung überein, hält die Aufhebung einer späteren Überprüfung nicht stand. Im Baubereich sollte daher stets das bepreiste Leistungsverzeichnis zum Vergleich herangezogen werden und nicht etwa die (veraltete oder überholte) Kostenberechnung. Bei Liefer- und Dienstleistungen können oftmals Altverträge oder auch Markterkundungen gute Anhaltspunkte für die Kostenprognose liefern. Aber auch hier sind Preisentwicklungen und Besonderheiten beim tatsächlichen Leistungszuschnitt zu berücksichtigen.

Häufig bieten die eingegangenen Angebote bereits Anhaltspunkte für die Belastbarkeit der Kostenprognose. Liegen zahlreiche Angebote vor, die allesamt preislich dicht beieinander liegen, spricht einiges dafür, dass es sich bei diesen Preisen um die realistischen Marktpreise handelt, auch wenn die geschätzten Kosten deutlich darunter lagen.

Keine Aufhebung ohne Ermessensentscheidung

Da es sich bei der Aufhebung einer Ausschreibung um eine Ermessensentscheidung handelt, muss der Auftraggeber ein solches Ermessen zum einen ausüben und zum anderen ausführlich dokumentieren. Er muss sich insbesondere mit der Frage auseinandersetzen, welche Alternativen es zur Aufhebung gibt.

Um die Grundlagen für eine Ermessensentscheidung zu legen, empfiehlt es sich zudem, jedenfalls dem Bestbieter vor der Aufhebungsentscheidung die Möglichkeit einzuräumen, zur vorgesehenen Aufhebung Stellung zu nehmen und seine Angebotskalkulation zu erläutern.

Zudem sollte sich die Vergabestelle zu diesem Zeitpunkt auch Gedanken machen, wie es nach der Aufhebung weitergeht. Eine Aufhebung wegen Unwirtschaftlichkeit kann nur dann sinnvoll sein, wenn im Anschluss hieran ein „Plan B“ zu niedrigeren Angeboten führen kann. Dabei könnten weitere Unternehmen gezielt auf die Ausschreibung hingewiesen, Ausführungsfristen verlängert oder auch Leistungsinhalte modifiziert werden, um den Wettbewerb auszuweiten oder Kosten einzusparen.

Aufhebungsvorbehalt als Gestaltungsoption

Wenn für die Vergabestelle bereits zu Beginn des Verfahrens erkennbar ist, dass eine spätere Verfahrensaufhebung erforderlich werden könnte, weil beispielsweise nur ein knappes Budget vorhanden ist oder sich der Bedarf gravierend ändern könnte, empfiehlt sich häufig ein „Aufhebungsvorbehalt“ in den Ausschreibungsunterlagen. Damit können sich Unternehmen von Beginn an auf eine mögliche Aufhebung einstellen. Für Auftraggeber sinkt damit das Risiko späterer Konflikte und Schadensersatzforderungen von enttäuschten Bietern.

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