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Stillstandskosten bei Änderungsanordnung und verpasste Klarstellungschancen

Öffentliche Hand
Stillstandskosten bei Änderungsanordnung und verpasste Klarstellungschancen

Trotz Gelegenheit hierzu hat der BGH erneut nicht die Möglichkeit ergriffen, die mit Spannung erwartete Entscheidung zu treffen, ob die Vergütung bei Ansprüchen nach § 2 Abs. 5, 6 VOB/B analog zur neueren Rechtsprechung des BGH zu § 2 Abs. 3 VOB/B nach tatsächliche erforderlichen Kosten oder im Wege der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung zu bemessen ist. Stattdessen hat der BGH seine Rechtsprechung zu Stillstandskosten im Rahmen von § 2 Abs. 5, 6 VOB/B konkretisiert.

Sachverhalt

Der Auftraggeber (AG) beauftragte den Auftragnehmer (AN) mit der Schadstoffsanierung und dem anschließenden Abbruch eines aus zwei Gebäudeteilen (einem Wirtschaftsgebäude und einem Zellentrakt) bestehenden Flügels einer Justizvollzugsanstalt. Es lag bereits ein Schadstoffgutachten vor.

Nach Beginn der Arbeiten im Bauabschnitt 1 wurde im Dach des Wirtschaftsgebäudes eine bis dahin unbekannte asbesthaltige Rohrisolierung vorgefunden, die saniert werden musste, bevor der Abbruch des Gebäudes mit einem bereits angelieferten Bagger weitergeführt werden konnte. Über die Zusatzleistungen und die daraus resultierenden Mehrkosten legte der AN das Nachtragsangebot Nr. 02. Dieses wurde vom AG mit Ausnahme einer Position für die (unproduktive) Gerätevorhaltung eines Kettenbaggers für 5 Tage beauftragt.

Im Bauabschnitt 2 stellte sich heraus, dass geänderte Leistungen im Zellentrakt wegen der im Verhältnis zum Schadstoffgutachten erheblich höheren Asbestbelastung von PVC-Böden und asbesthaltigen Klebers notwendig werden würden. Der Ausbau der asbesthaltigen Bauteile konnte nur durch den Einsatz von Handschleifgeräten bei Unterdruck erfolgen anstatt mit dem wesentlich weniger aufwendigen, vertraglich vorgesehenen Verfahren. Der Abbruch mit zwei bereits vorhandenen Kettenbaggern konnte erst nach Abschluss der Schadstoffsanierung und damit um 32 Tage verzögert erfolgen. Über die geänderten Leistungen und die daraus resultierenden Mehrkosten legte der AN das Nachtragsangebot Nr. 05. Dieses wurde vom AG erneut mit Ausnahme einer Position für die (unproduktive) Gerätevorhaltung von 2 Kettenbaggern für 32 Tage beauftragt.

Entscheidung

Der BGH hat klargestellt, dass der AG für die zusätzliche Schadstoffsanierung der asbesthaltigen Leistungsisolierung im Bauabschnitt 1 und die geänderte Ausführung der Schadstoffsanierung der Böden und des Klebers im Bauabschnitt 2 eine Anordnung getroffen habe. Wenn aus der Anordnung von geänderten oder zusätzlichen Leistungen ein bauzeitbezogener Aufwand aufgrund der zusätzlichen Vorhaltung von für die Abbrucharbeiten benötigten Baugeräten resultiert, steht dem AN hierfür eine zusätzliche Vergütung für die Stillstandskosten sowohl im Rahmen von § 2 Abs. 5 VOB/B als auch im Rahmen von § 2 Abs. 6 VOB/B zu.

Wichtig ist, dass der BGH den Anspruch auf Vergütung der Stillstandskosten auf § 2 Abs. 5 und Abs. 6 VOB/B und nicht auf § 642 BGB gestützt hat, da hier eine entsprechende Anordnung des Auftraggebers zugrunde lag.

Fazit

Wieder nicht entschieden hat der BGH die Frage, ob er seine Rechtsprechung zu § 2 Abs. 3 VOB/B (Bemessung der Nachtragsvergütung nach tatsächlich erforderlichen Kosten) nun auch auf § 2 Abs. 5, 6 VOB/B ausdehnt, obwohl die Revision deswegen gerade zugelassen wurde.

Maßgebliche Entscheidungen: BGH Beschl. v. 23.03.2022, Az.: VII ZR 191/21

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