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Schutzwürdigkeit des Vertrauens auf eine falsche positive Eignungsprüfung?
Hat ein öffentlicher Auftraggeber in einem zweistufigen Vergabeverfahren die Eignung eines Bieters im Teilnahmewettbewerb bejaht, so darf der Bieter hierauf vertrauen. In der Angebotsphase kann die Eignungsprüfung dann nicht mehr negativ ausfallen. So sieht es jedenfalls das Oberlandesgericht Düsseldorf in einer aktuellen Entscheidung.
Sachverhalt
Ein öffentlicher Auftraggeber schrieb Leistungen in einem Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb aus. Der öffentliche Auftraggeber stufte mehrere Bewerber im Teilnahmewettbewerb als geeignet ein und forderte sie zur Angebotsabgabe auf. Nach Angebotsabgabe rügte ein erfolgloser Bieter, dass der für den Zuschlag vorgesehene Bieter die Eignungsanforderungen nicht erfülle. Dessen vorgelegte Referenzen genügten nicht den vom Auftraggeber formulierten Anforderungen.
Nach Zurückweisung der Rüge und erfolglosem Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer Rheinland erhob der betreffende Bieter sofortige Beschwerde beim OLG Düsseldorf.
Die Entscheidung
Jedoch ohne Erfolg! Laut dem Vergabesenat des OLG Düsseldorf konnte es dahinstehen, ob die vorgelegten Referenzen den vom Auftraggeber formulierten Anforderungen genügten.
Im Gegensatz zum einstufigen offenen Verfahren begründe die positive Eignungsprüfung in zweistufigen Verfahren einen Vertrauenstatbestand zugunsten des jeweiligen Bieters. Dies entnimmt der Vergabesenat dem in § 242 BGB wurzelnden Grundsatz von Treu und Glauben. Demnach könne bei gleichbleibender Tatsachengrundlage eine einmal getroffene Entscheidung über die Eignung nicht nachträglich anders ausfallen. Mitbieter in entsprechenden Verfahren hätten einen Vergaberechtsverstoß in Form der fehlerhaften Bejahung der Eignung eines konkurrierenden Unternehmens hinzunehmen.
Mangels entsprechender Anhaltspunkte ließ das OLG offen, ob ausnahmsweise etwas Anderes gelten soll, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Eignungsprüfung auf manipulativen oder sachfremden Erwägungen beruht.
Praxistipp
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist durchaus kritisch zu sehen. Sie setzt sich nicht hinreichend mit dem Grundsatz auseinander, wonach Aufträge an geeignete Unternehmen vergeben werden, § 122 GWB. Ferner ist zwar plausibel, dass Rücksicht auf das schutzwürdige Vertrauen eines Bieters genommen werden soll. Nicht nachvollziehbar ist aber, dass angesichts dessen der Rechtsschutz der Mitbieter gänzlich zurückstehen soll.
Überzeugender ist es, dem schützenswerten Vertrauen über zivilrechtliche Schadensersatz-ansprüche des Bieters gegen den öffentlichen Auftraggeber Rechnung zu tragen. Außerdem steht die Entscheidung des OLG Düsseldorf nicht im Einklang mit den Entscheidungen anderer Spruchkörper. Öffentliche Auftraggeber sollten daher nicht allzu sorglos auf einer gegebenenfalls fehlerhaften Eignungsprüfung in zweistufigen Verfahren beharren.
Maßgebliche Entscheidung: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.03.2021 – VII-Verg 9/21