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Öffentliche Auftraggeber dürfen grundsätzlich auf die Einhaltung von Vorgaben der Leistungsbeschreibung vertrauen

Öffentliche Hand
Öffentliche Auftraggeber dürfen grundsätzlich auf die Einhaltung von Vorgaben der Leistungsbeschreibung vertrauen

Die fachliche Prüfung der Angebote stellt öffentliche Auftraggeber immer wieder vor besondere Herausforderungen. In einer aktuellen Entscheidung überhöht die Vergabekammer des Bundes die Prüfungsanforderungen für öffentliche Auftraggeber erfreulicherweise nicht.

Sachverhalt

Eine Universität schrieb die Beschaffung von Labortechnik und die Installation von labortechnischen Anlagen europaweit in einem offenen Verfahren aus. Gefordert war u.a. ein spezielles Abzug-Schiebefenster. Dieses musste bei Nichtbenutzung des Abzugs automatisch schließen, gleichzeitig aber jederzeit manuell bedienbar sein. Die Universität ließ sich dabei eine Fabrikatsliste des Leistungsverzeichnisses vorlegen, in der die Bieter die angebotenen Fabrikate eintragen mussten.

Der Bestbieter gab in der Fabrikatsliste für das Abzug-Schiebefenster als Typ „Eigenfabrikat“ an. Nach erfolgter Bieterinformation rügte der zweitplatzierte Bieter die beabsichtigte Zuschlagserteilung, da in der Fabrikatsliste nur „Eigenfabrikat“ eingetragen sei und der Bestbieter über kein Abzug-Schiebefenster mit manueller Öffnungsmöglichkeit verfüge.

Entscheidung

Der Nachprüfungsantrag wurde als unbegründet zurückgewiesen.

Das Angebot des Bestbieters war nicht wegen unvollständiger Angaben gem. § 16 EU Nr. 3 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 4 VOB/A auszuschließen. Der Bestbieter konnte darlegen, dass es sich um ein speziell für den Auftrag angepasstes Produkt handelte, für das keine Typenbezeichnung existierte. Gibt es keine exakte Typenbezeichnung, kann auch nicht die Angebe einer Typenbezeichnung vom Bieter verlangt werden. Die Angabe einer unpassenden Typenbezeichnung wäre dann vielmehr sogar falsch.

Das Angebot war auch nicht wegen Änderungen an den Vergabeunterlagen gem. § 16 EU Nr. 2 i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 5 VOB/A auszuschließen. Der öffentliche Auftraggeber durfte sich darauf verlassen, dass das Produkt des Bieters auch manuell bedient werden kann und mithin die Vorgaben der Leistungsbeschreibung erfüllt. Ein öffentlicher Auftraggeber darf sich darauf verlassen, dass die Bieter leistungsbeschreibungskonform anbieten. Der öffentliche Auftraggeber ist weder verpflichtet noch läge es im Bereich des Möglichen, alle Bieterangaben zu überprüfen oder zu verifizieren, es sei denn, ein Angebot weist Auffälligkeiten auf.

Auffälligkeiten, die eine spezielle Prüfpflicht des öffentlichen Auftraggebers auslösen könnten, lagen nach Ansicht der Vergabekammer nicht vor. Auffällig wäre nach Ansicht der Vergabekammer beispielsweise die Nennung eines besonders niedrigen Preises für die Einzelposition gewesen.

Fazit

Die praxisnahe Entscheidung der Vergabekammer ist zu begrüßen. Die Durchführung von Vergabeverfahren bereitet einen nicht unerheblichen Aufwand. Die Einhaltung des Leistungsverzeichnisses in jeder Hinsicht zu überprüfen, ist schlicht nicht möglich. In der Praxis wird es insbesondere darauf ankommen, die Auffälligkeiten zu identifizieren, die eine Prüfpflicht auslösen.

Maßgebliche Entscheidung: VK Bund, Beschl. v. 11.06.2021 – VK 2-53/21

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