Kontakt

Ob Sie lieber eine E-Mail senden, zum Telefon greifen oder das gute alte Fax nutzen. Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.

Anruf unter
+49 711 86040 00
Fax unter
+49 711 86040 01

Losaufteilung bei der Vergabe von Postdienstleistungen – Druck, Kuvertierung und Postversand dürfen gesamthaft vergeben werden

Öffentliche Hand
Losaufteilung bei der Vergabe von Postdienstleistungen – Druck, Kuvertierung und Postversand dürfen gesamthaft vergeben werden

Bei der Vergabe von Postdienstleistungen ist die Frage nach der richtigen Losaufteilung ein „Dauerbrenner“ vor den Vergabenachprüfungsinstanzen. Dies betrifft nicht nur die Aufteilung in Gebietslose (Mengenlose), sondern auch die vergaberechtskonforme Fachlosbildung. Ob das Drucken/Kuvertieren und der anschließende Postversand von Briefen gesamthaft vergeben werden können, hatte die Vergabekammer des Bundes jüngst zu entscheiden.

Sachverhalt

Mit europaweiter Auftragsbekanntmachung schrieb der Auftraggeber die Vergabe von Postdienstleistungen aus.

Die Vergabe war in vier Gebietslose aufgeteilt. Jedes Los sollte Druck, Kuvertierung sowie Versand und Zustellung der Briefe umfassen. Ein Bieter rügte die unterlassene Aufteilung der ausgeschriebenen Leistungen in die Fachlose „Druck/Kuvertierung" und „Versand/Zustellung" und griff die Entscheidung des Auftraggebers vor der Vergabekammer des Bundes an.

Entscheidung

Der Nachprüfungsantrag hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung der Vergabekammer ist die gesamthafte Vergabe von Druck, Kuvertierung und Postversand nicht zu beanstanden.

Hierzu stellt die Vergabekammer zunächst Folgendes klar:

Leistungen sind gem. § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB in der Menge aufgeteilt und getrennt nach Art oder Fachgebiet zu vergeben. Welche Teilleistung als ein Fachlos angesehen werden kann, bestimmt sich zunächst nach gewerberechtlichen Vorschriften und der allgemeinen oder regional üblichen Abgrenzung. Dabei ist auch von Belang, ob sich für spezielle Arbeiten ein eigener Markt herausgebildet hat.

Das Drucken und Kuvertieren sowie der anschließender Postversand der Briefe sind grundsätzlich Leistungen getrennter Märkte. Dies folgt nicht nur aus der fachlichen Abgrenzbarkeit der Leistung der physischen Herstellung eines Schreibens und dessen anschließender Beförderung zum Empfänger. Vielmehr sprechen auch rechtliche Aspekte für eine Trennbarkeit. Denn die Leistung des Postversands bedarf einer gesonderten Genehmigung nach § 5 PostG, so dass schon aus diesem Grund nicht jeder Druckunternehmer die erzeugten und kuvertierten Briefe an den Empfänger befördern darf.

Da die losweise Vergabe grundsätzlich vorrangig ist, darf der öffentliche Auftraggeber nur aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen von diesem Grundsatz abweichen. Erforderlich ist, dass sich der Auftraggeber mit dem Gebot einer Fachlosvergabe und den dagegen sprechenden Gründen intensiv im Wege einer umfassenden Abwägung der widerstreitenden Belange auseinanderzusetzt. Im Ergebnis müssen die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründe nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen.

Ausgehend von diesem rechtlichen Maßstab war die Bewertung des Auftraggebers unter Berücksichtigung des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums nach Auffassung der Vergabekammer nicht zu beanstanden.

Maßgeblich für die gesamthafte Vergabe von „Druck/Kuvertierung" und „Versand/Zustellung“ waren die vom Auftraggeber angeführten finanziellen Mehraufwendungen. Diese entstehen durch zusätzliche Schnittstellen, die erforderlich sind, wenn Druck und Kuvertierung einerseits sowie Postversand und Zustellung andererseits an zwei Auftragnehmer vergeben werden. Nach der auf Erfahrungswerten beruhenden Auftragswertschätzung des Auftraggebers entstünden durch die Fachlosaufteilung Mehrkosten in Höhe von knapp 40 Prozent. Diese Erwägung ist nach Auffassung der Vergabekammer plausibel, so dass in diesem Einzelfall der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Vergabe das Gebot der Losbildung überwiegt.

Ergänzend ist anzuführen, dass weitere Schnittstellen zusätzliche technische Risiken für die ordnungsgemäße Leistungserbringung bedeuten. Der öffentliche Auftraggeber darf sich jedoch für einen sicheren Weg der Leistungserbringung entscheiden und muss keine unnötigen Risiken eingehen.

Praxistipp

Die Entscheidung der Vergabekammer des Bundes reiht sich in die gängige Rechtsprechung ein, wonach technische und – wie vorliegend – insbesondere wirtschaftliche Gründe eine Gesamtlosvergabe rechtfertigen können. Im Bereich der Hybridpostvergabe bzw. dem Einsatz eines digitalen Postausgangs lässt sich grundsätzlich festhalten, dass eine Fachlosaufteilung nicht erforderlich ist, sondern Druck, Kuvertierung, Postversand und Zustellung gesamthaft vergeben werden können. Es gilt für Auftraggeber jedoch zu beachten, dass stets der Einzelfall zu prüfen ist und überdies die ordnungsgemäße Dokumentation der Entscheidung in einem Vergabevermerk vor Einleitung des Vergabeverfahrens zu erfolgen hat.

 

Maßgebliche Entscheidung: VK Bund, Beschl. v. 10.03.2022 - VK 1-19/22

Zurück