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Kartellschadensersatzansprüche von Kommunen bestehen auch bei auf bestimmte Bieter „zugeschnittenen“ Vergabeverfahren

Fachbeiträge

Immer häufiger machen Kommunen Schadensersatz gegen Unternehmen geltend, die im Rahmen von Ausschreibungen Kartellabsprachen getroffen haben – und immer häufiger haben diese Klagen Erfolg. Zuletzt sprach das Oberlandesgericht München durch Urteil vom 8. März 2018 der Stadt München Schadensersatz gegen sieben Beteiligte des „Schienenkartells“ zu. Die Unternehmen hatten im Rahmen von Ausschreibungsverfahren für Straßenbahnschienen unzulässige Kundenschutzabsprachen getroffen.

Wie schon eine Vielzahl anderer Gerichte stützte das Oberlandesgericht München den Schadenseintritt auf einen Anscheinsbeweis. Es bestehe ein Erfahrungssatz, dass die Gründung eines Kartells grundsätzlich der Steigerung des Gewinns der am Kartell beteiligten Unternehmen diene. Daher liege es nach der Lebenserfahrung nahe, dass die im Rahmen eines Kartells erzielten Preise höher lägen als die unter normalen Wettbewerbsbedingungen erzielbaren Preise. Dies gelte für Preisabsprachen gleichermaßen wie für Kundenschutzabsprachen.

Was neu an der Entscheidung des Oberlandesgerichts München ist: Ein kartellbedingter Schaden ist nach Auffassung des Gerichts selbst dann nicht zu verneinen, wenn die Ausschreibung des Beschaffungsvorgangs so ausgestaltet war, dass sie auf den Kartellanten als obsiegenden Bieter zugeschnitten war. Für die kartellrechtliche Beurteilung komme es weder darauf an, wer in der Vergangenheit der „Stammlieferant“ der klagenden Kommune war, noch, wie die Ausschreibung ausgestaltet war. Maßgeblich sei allein, dass der obsiegende Bieter an einem Kartell beteiligt war und nicht nachweisen konnte, dass das Kartell keinen Schaden verursacht hat. Der Einwand, wonach es aufgrund der angeblich auf den Kartellanten „zugeschnittenen“ Ausschreibung am Wettbewerb gefehlt habe und daher auch keine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung vorliegen könne, sei nicht tragfähig. Vielmehr habe jeder der Bieter die Möglichkeit gehabt, das günstigste Angebot abzugeben. Soweit die Stadt München keine Kenntnis von den Kartellabsprachen im Vorfeld der Ausschreibung gehabt habe, sei es unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens irrelevant, wenn einem Kartellanten als „günstigstem“ Bieter der Zuschlag erteilt wurde.

Obwohl das Urteil des Oberlandesgerichts München noch nicht rechtskräftig ist, entfaltet es Signalwirkung für weitere Gerichte. Das Gericht trennt eindeutig zwischen den vergaberechtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten wegen fehlerhafter Ausschreibungen und den kartellrechtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten wegen Zahlung kartellbedingt überhöhter Preise. Kartellbeteiligten Unternehmen verbleiben daher im Fall eines nachgewiesenen Kartellrechtsverstoßes immer weniger Argumentationsmöglichkeiten, um den Schadenseintritt der Kommune zu verneinen. Die Prozessrisiken von Kommunen lassen sich somit deutlich leichter beurteilen. Sollte der Bundesgerichtshof die jüngste Rechtsprechung bestätigen, fiele eine wesentliche Hürde im Hinblick auf erfolgreiche Schadensersatzklagen von Kommunen weg.

FAZIT


Die neue Rechtsprechung des Oberlandesgerichts München erleichtert Kommunen die Durchsetzung von Kartellschadensersatzansprüchen deutlich. Im Zusammenspiel mit dem Anscheinsbeweis eines Schadenseintritts erhöhen sich die Erfolgsaussichten kommunaler Schadensersatzklagen nach dieser Rechtsprechung erheblich. Dies ist auch im Rahmen der haushaltsrechtlich erforderlichen Abwägung zwischen den Erfolgsaussichten und dem Prozesskostenrisiko etwaiger Kartellschadensersatzklagen von Kommunen zu berücksichtigen. Zunehmend sprechen die Argumente für eine Geltendmachung von Kartellschadensersatzforderungen von Kommunen.

Maßgebliches Urteil: OLG München, Urt. v. 08.03.2018, Az. U 3497/16 Kart

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