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Im Kartellrecht was Neues

Fachbeiträge
Im Kartellrecht was Neues

Ein kurzer Überblick über die wesentlichen Änderungen in der Fusionskontrolle und im Kartellsanktionenrecht durch die 10. GWB-Novelle

Die am 19. Januar 2021 in Kraft getretene 10. GWB-Novelle hebt die eine Anmeldepflicht auslösenden Umsatzschwellenwerte der Fusionskontrolle deutlich an und bittet bei Kartellverstößen nun auch Verbände zur Kasse. Außerdem verjähren Kartellordnungswidrigkeiten während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens künftig nicht mehr.

Anhebung der Inlandsumsatzschwellen für die Fusionskontrolle

Die höheren Aufgreifschwellen für die Fusionskontrolle sollen zu einer Entlastung des Bundeskartellamts führen. Da das Verfahren der Fusionskontrolle nicht nur zeit- sondern auch kostenintensiv sein kann, kommen die Änderungen auch den Unternehmen zu Gute. Zusammenschlüsse von Unternehmen sind in Deutschland künftig gem. § 35 Abs. 1 GWB-neu erst anmeldepflichtig, wenn eines der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr in Deutschland einen Umsatz von mindestens EUR 50 Mio. und ein anderes von mindestens EUR 17,5 Mio. erzielt hat. Bisher lagen die inländischen Umsatzschwellen bei EUR 25 Mio. und EUR 5 Mio. Die weltweite Umsatzschwelle ist unverändert geblieben und liegt nach wie vor bei einem Gesamtumsatz aller am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen von mehr als EUR 500 Mio.

Verschärfung der Haftung von Verbänden bei Verstößen gegen das Kartellverbot

Das Kartellverbot erstreckt sich seit jeher auch auf wettbewerbsbeschränkende Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen, d.h. klassischerweise Berufs-, Branchen- und sonstige Interessenverbände. Fassen beispielsweise Unternehmensvertreter im Rahmen eines Branchenverbandstreffens den Beschluss, geschlossen ihre Preise zu erhöhen, verstößt damit der Verband selbst gegen § 1 GWB und kann hierfür gemäß § 81 GWB mit einem eigenständigen Bußgeld belegt werden. In § 81 Abs. 4 GWB-alt war die Bußgeldhöhe in diesem Fall auf maximal 10 % des Vorjahresumsatzes des Verbands selbst begrenzt. Angesichts der typischerweise überschaubaren Umsätze, die Verbände mit ihren eigenen wirtschaftlichen Tätigkeiten erzielen und den dementsprechend niedrigeren Bußgeldern, standen Verbände bislang nicht im Zentrum kartellbehördlicher Bußgeldverfahren.

Das könnte sich mit der neuen Bußgeldobergrenze in § 81c Abs. 4 GWB-neu ändern: Steht der Beschluss des Verbands im Zusammenhang mit den Tätigkeiten der Mitglieder, bestimmt sich die Höhe des Bußgelds nicht mehr nach den Verbandsumsätzen, sondern nach der Summe des Gesamtumsatzes der Mitglieder, die auf dem betroffenen Markt tätig waren.

Flankiert wird diese drastische Anhebung der Bußgeldhöhe von einer neu geschaffenen Ausfallhaftung der Verbandsmitglieder in § 81b GWB-neu. Kann der Verband das Bußgeld nicht selbst bezahlen – was regelmäßig der Fall sein dürfte – ist das Bundeskartellamt berechtigt, das Bußgeld direkt von den Mitgliedern des Verbands zu verlangen. Die bloße Mitgliedschaft in Verbänden wird dadurch zum Haftungsrisiko. Es wird in der Zukunft noch wichtiger sein als bisher, sich von kartellrechtswidrigen Handlungen unverzüglich und aktiv zu distanzieren und deren Nicht-Umsetzung zu dokumentieren. Nur so kann einem im Ernstfall der Nachweis gelingen, dass man sich an den kartellrechtswidrigen Handlungen nicht beteiligt hat.

Verlängerung der absoluten Verjährungsfrist für die Verfolgung von Kartellordnungswidrigkeiten

Bisher richtete sich die absolute Verjährung der Verfolgung von Kartellordnungswidrigkeiten nach § 33 Abs. 3 S. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten. Danach war die Verfolgung von Kartellordnungswidrigkeiten ausgeschlossen, wenn nach Beendigung der Tat das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und damit 10 Jahre verstrichen waren. Nach § 81g Abs. 4 GWB-neu beträgt die absolute Verjährungsfrist zwar weiterhin 10 Jahre, sie verlängert sich jedoch künftig um den Zeitraum, in dem die Bußgeldentscheidung Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens ist. Die absolute Verjährung von Kartellordnungswidrigkeiten wird damit faktisch ausgehebelt, sobald das Einspruchsverfahren gegen den Bußgeldbescheid bei Gericht anhängig ist. Laut der Regierungsbegründung drohe bei kartellrechtlichen Bußgeldverfahren der nicht gerechtfertigte Eintritt der absoluten Verjährung, da diese Verfahren besonders aufwendig seien – aus der bisherigen Entscheidungspraxis ist uns jedoch kein Fall bekannt, in dem ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen ein Unternehmen wegen des Eintritts der absoluten Verjährung eingestellt werden musste.

Fazit

Die hier dargestellten Neuerungen in der 10. GWB-Novelle hinterlassen einen gemischten Eindruck: Zu begrüßen ist, dass den Unternehmen durch die Anhebung der Anmeldeschwellen im Rahmen der Fusionskontrolle größere Handlungsspielräume gewährt werden. Demgegenüber werden durch die Änderungen im Bußgeldrecht die Verbandsarbeit erschwert und Betroffenenrechte ohne Not weiter eingeschränkt.

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