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Haftung von Aufsichtsmitgliedern in Unternehmen der öffentlichen Hand

Öffentliche Hand
Haftung von Aufsichtsmitgliedern in Unternehmen der öffentlichen Hand

Die Erfahrung zeigt, dass sich Mitglieder von Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen oft nicht der Haftungsrisiken bewusst sind, die sich aus ihrer Tätigkeit ergeben. Neben dem häufig verharmlosenden Begriff „Beirat“ trägt hierzu auch die Unkenntnis der geltenden rechtlichen Regelungen bei.

Körperschaften des öffentlichen Rechts können sich der Formen des Privatrechts bedienen, um wirtschaftlich, im Bereich der Daseinsfürsorge oder gemeinnützig tätig zu sein. Von vielen Voraussetzungen dafür ist eine zentral: Der Einfluss der Gebietskörperschaft soll gesichert werden. Die einzelnen Regelungen verlangen daher oft zweierlei: Die gewünschte Tätigkeit soll mittels einer GmbH oder einer GmbH & Co. KG verwirklicht werden. Der GmbH-Geschäftsführer ist weisungsgebunden, im Gegensatz zum Vorstand einer AG, der grundsätzlich unabhängig ist. Ferner soll die GmbH (& Co. KG) einen Aufsichtsrat haben, auch wenn sie nicht mitbestimmt ist. Die GmbH (& Co. KG) mit freiwilligem Aufsichtsrat ist daher die mit Abstand häufigste Rechtsform in diesem Bereich. Zwar gibt es auch Aktiengesellschaften in öffentlicher Hand; dies ist aber selten und hat meist historische oder spezielle Gründe. Zum überregionalen oder gar bundesweiten Einsammeln von Kapital braucht man die AG jedenfalls nicht, weil die GmbH & Co. KG auch hierfür geeignet ist.

Aufsichtsrat im öffentlichen Unternehmen: Spannungsfeld zwischen Prestige und Haftung

In die Aufsichtsräte solcher Unternehmen zieht es häufig Mitglieder des Kreistags oder Gemeinderats. Oft ist der (Ober)Bürgermeister oder Landrat Aufsichtsratsvorsitzender kraft Satzung. Dabei stehen Prestigeüberlegungen nicht immer an letzter Stelle. Das ist für Mandatsträger legitim, birgt aber Haftungsgefahren, derer sich die Aufsichtsratsmitglieder oft nicht bewusst sind. Dies liegt im Wesentlichen an drei Unbekannten:

  • Einer trügerischen begrifflichen Sicherheit,
  •  der gesetzlichen Regelungstechnik und
  • der Unkenntnis der Konsequenzen daraus.

Der Begriff „Beirat“ deutet nicht auf aufsichtsrats-rechtliche Pflichten und Haftung hin

Der Aufsichtsrat einer GmbH (& Co. KG) wird oft „Beirat“ genannt. Daraus Sicherheit abzuleiten, wäre trügerisch, weil allein Begriffe nicht vor Haftungsgefahren schützen. Da es um Einflusssicherung geht, sind Mitglieder von Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen meist mit wichtigen Kompetenzen ausgestattet. Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern und Feststellung des Jahresabschlusses gehören dazu. Damit reicht ihre Machtfülle an diejenige eines aktienrechtlichen Aufsichtsrats heran, ja kann sie in einzelnen Punkten sogar übertreffen.

Schweigt die Satzung, gilt aktienrechtliches Haftungsregime

Das Schweigen der Satzung eröffnet das aktienrechtliche Haftungsregime. Aufsichtsratsmitglieder können sich daher an einer fundamentalen Stelle gerade nicht auf die Satzung verlassen, wenn sie Folgendes nicht wissen: § 52 Abs. 1 GmbHG bestimmt, dass für den Aufsichtsrat einer GmbH viele dort aufgezählte aktienrechtliche Vorschriften gelten, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt. Sagt die Satzung hierzu nichts, gelten diese Vorschriften automatisch von Gesetzes wegen.

Stolperfalle Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsratsmitgliedern in kommunalen Unternehmen

Nach § 116 AktG haben Aufsichtsratsmitglieder in den Angelegenheiten der Gesellschaft besondere Sorgfalt walten zu lassen. „Insbesondere“, so das Gesetz unmissverständlich, sind sie zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Aufsichtsratsmitglieder müssen über Gegenstände, die sie in ihrer Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglieder erfahren, grundsätzlich Stillschweigen bewahren. Verstöße hiergegen können nach § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG und § 85 GmbHG mit Geld- oder Freiheitsstrafe bestraft werden.

Dies ist gerade für Aufsichtsratsmitglieder, die gleichzeitig einem Kreistag oder Gemeinderat angehören, gefährlich. Solche Aufsichtsratsmitglieder halten es nämlich mitunter für rechtens, in der Ratssitzung über Vorkommnisse in der Gesellschaft zu berichten. Sie sehen sich als Volksvertreter und wollen mit ihrer Berichterstattung einen Beitrag zur Transparenz leisten. Tun sie dies und entsteht der Gesellschaft dadurch ein Schaden, haften sie der Gesellschaft grundsätzlich auf Schadensersatz.

Sie können sich dabei nicht ohne Weiteres auf Vorschriften der Gemeindeordnungen berufen. Denn als Bundesrecht geht das GmbH- und Aktienrecht nach Art. 31 GG jeglichem Landesrecht vor. Auch Freistellungsbestimmungen in den einzelnen Landesgesetzen sind nicht immer ein sicherer Hafen. Zum einen haben diese ganz eigene, mitunter recht hohe Anwendungsvoraussetzungen, zum anderen müsste erst einmal die Haftungsfrage wenigstens dem Grunde nach geklärt werden, bevor bestimmt werden könnte, wovon genau die Gebietskörperschaft freistellen soll. Schließlich kommt es nicht darauf an, ob der Mandatsträger in einer öffentlichen oder nichtöffentlichen Ratssitzung berichtet. Übergeordnete Aspekte der Gewaltenteilung spielen keine Rolle, weil die Kreistage und Gemeinderäte funktionell der Exekutive zugeordnet sind, auch wenn sie umgangssprachlich bisweilen Kreis- oder Gemeinde„parlament“ genannt werden.

Information muss Dienstweg gehen

Nach den besonderen Regelungen des Aktienrechts zu diesem Bereich muss die Information, die das Aufsichtsratsmitglied erhalten hat, „den Dienstweg einhalten“. Unter bestimmten Voraussetzungen darf und muss der Aufsichtsrat über Vorkommnisse in der Gesellschaft berichten, allerdings „an das Rathaus / das Landratsamt“, also in den Bereich der laufenden Verwaltung und an die dafür zuständigen Personen. Die dortigen Berichtsempfänger sind ihrerseits zur vertraulichen Behandlung verpflichtet. Mitteilungen im dienstlichen Verkehr dürfen gemacht werden.

Klare Satzungsregelung zur Verschwiegenheitspflicht kann Haftung vermeiden

Zur Haftungsvermeidung empfiehlt es sich, für diesen Bereich klare Satzungsregelungen zu treffen. Soll die Verschwiegenheitspflicht gelten, so schadet es nichts, wenn das auch hineingeschrieben wird. Haben die Gesellschafter ohnehin kein oder ein abgemildertes Interesse an Vertraulichkeit, kann die Satzung in ihrem Sinne modifiziert werden.

D&O-Versicherung für Aufsichtsratsmitglieder in kommunalen Unternehmen

Auch für Aufsichtsratsmitglieder von Unternehmen in der öffentlichen Hand gibt es D&O-Versicherungen. Nach den Vorgaben des Public Corporate Governance Kodex des Bundes soll es aber in diesem Bereich eine D&O-Versicherung nur geben, wenn die Organmitglieder erhöhten Haftungsrisiken ausgesetzt sind. Außerdem fordert der Kodex einen Selbstbehalt. Darf danach eine D&O-Versicherung abgeschlossen werden, ist darauf zu achten, dass diese auf die Bedürfnisse abgestimmt ist. D&O-Schutz für Geschäftsleiter und Aufsichtsratsmitglieder sollte grundsätzlich bei verschiedenen Versicherern eingekauft werden. Bleibt man bei einem Versicherer, so sollte sichergestellt sein, dass für die Aufsichtsratsmitglieder genügend Deckung vorhanden ist, auch wenn für die Verteidigung der Geschäftsführer bereits hohe Summen aufgewendet werden müssen. Denn oft sind gerade die Aufsichtsratsmitglieder für die Verfolgung von Haftungsansprüchen gegenüber Geschäftsleitern zuständig, wenn auch das letzte Wort bei der Gesellschafterversammlung liegen mag. Zum anderen kann eine solche Verfolgung eigene Fehler des Aufsichtsrats zutage fördern. Fallen dann die möglichen Inanspruchnahmen in dieselbe Versicherungsperiode, kann die Deckungssumme knapp werden. Das könnte Aufsichtsräte davon abhalten, Haftungsansprüche des Geschäftsführers zu prüfen. Dies wiederum kann eine eigene Pflichtverletzung des Aufsichtsrats begründen. Ausreichender und abgegrenzter D&O-Schutz sichert daher nicht zuletzt die Unabhängigkeit des Aufsichtsrats.

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