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Endlich! Gesetz zur Reform des Insolvenzanfechtungsrechts ist da

Fachbeiträge

Am 16. Februar 2017 hat der Bundestag das lange angekündigte Gesetz zur Reform des Insolvenzanfechtungsrechts verabschiedet. Voraussichtlich wird das Gesetz schon in Kürze in Kraft treten. Wirtschaftsverkehr sowie Arbeitnehmer sollen durch die neuen gesetzlichen Regelungen von Rechtsunsicherheiten entlastet werden. Welche Verbesserungen bringt die Reform?

Einschränkung der Vorsatzanfechtung gemäß § 133 InsO

Nach bislang geltendem Recht können Insolvenzverwalter im Wege der Vorsatzanfechtung Zahlungen bis zu zehn Jahre rückwirkend anfechten. Die Anfechtung ist möglich, obgleich für die Zahlung eine Gegenleistung geflossen ist. Der Insolvenzverwalter muss lediglich anhand von Indizien nachweisen, dass der Gläubiger auf die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hätte schließen können. Nunmehr verkürzt sich der Anfechtungszeitraum auf vier Jahre. Zum Schutz der Gläubiger hätte man sich sicherlich eine weitere Verkürzung gewünscht, da in der Praxis nur selten Zahlungen über den 4-Jahres-Zeitraum hinaus angefochten wurden, aber immerhin. Erfreulicher ist die Eingrenzung der Anfechtbarkeit von sogenannten kongruenten Deckungen, also eine Befriedigung oder Sicherheit, die der Gläubiger in der vertraglich vereinbarten Art und zu der Zeit beanspruchen konnte. Hier reicht nicht mehr der Nachweis des Insolvenzverwalters über die erst drohende Zahlungsunfähigkeit, sondern der Gläubiger muss Kenntnis von der bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gehabt haben. Dies dürfte den Zeitraum der Anfechtungen in der Praxis nochmals maßgeblich eingrenzen. Überdies bestimmt die Neuregelung, dass allein eine erste Zahlungserleichterung im Sinne einer Stundung oder Ratenzahlungsvereinbarung noch kein Indiz für die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit ist. Damit es bei der Vermutungsregelung zu Gunsten des Gläubigers bleibt, sollten Ratenzahlungsvereinbarungen so ausgestaltet werden, dass der Schuldner diese auch erfüllen kann. Ansonsten droht bei einem weiteren Verzug mit vereinbarten Raten der erneute Rückschluss auf die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit.

Privilegierung von Bargeschäften nach § 142 InsO

Sofern Leistung und Gegenleistung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang stehen, handelt es sich um sogenannte Bargeschäfte. Typischerweise sind hiervon insbesondere Vorkassezahlungen erfasst. Solche Bargeschäfte sollen künftig nur noch dann anfechtbar sein, wenn der Schuldner „unlauter“ gehandelt hat und der Gläubiger dies erkannte. Nach der Gesetzesbegründung soll ein solches unlauteres Handeln lediglich dann vorliegen, wenn der Schuldner zum Beispiel sein Vermögen verschleudert. Sofern also ein Lieferant im Rahmen der normalen Geschäftsbeziehung auf seine Lieferungen Zahlungen erhält und die Lieferung der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs dient, sind diese Zahlungen zukünftig anfechtungsfest. Gläubiger müssen jedoch genau darauf achten, dass der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung eingehalten wird. Insoweit gilt bislang die Faustformel von einem Zeitraum von maximal 30 Tagen. Für Arbeitnehmer gilt insoweit eine klare neue Regelung, die den engen zeitliche Zusammenhang sogar auf einen Zeitraum von drei Monaten ausdehnt.

Reduzierung des Zinsrisikos für Anfechtungsgegner nach § 143 InsO

Es kam nicht selten in der Praxis vor, dass Insolvenzverwalter Anfechtungsansprüche erst gegen Ende des Verfahrens und kurz vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist geltend machten. Zinsen konnten jedoch schon ab Insolvenzverfahrenseröffnung verlangt werden. Der Gesetzgeber will dem Anreiz entgegenwirken, Anfechtungsansprüche erst derartig spät geltend zu machen, um von den im Vergleich zum derzeitigen Zinsniveau hohen Verzugszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins zu profitieren. Nunmehr setzt die Geltendmachung eines Verzugszinses voraus, dass der Insolvenzverwalter den Gläubiger zunächst durch die Geltendmachung des Anspruchs und Fristsetzung in Verzug setzt.

 

Fazit: Unterm Strich wird das Insolvenzanfechtungsrisiko für Unternehmer und Arbeitnehmer tatsächlich reduziert:

  • Die Anfechtbarkeit im Rahmen der Vorsatzanfechtung reduziert sich auf einen Zeitraum von vier Jahren.
  • Der Verwalter hat bei Zahlungen, die wie vertraglich vereinbart geleistet worden sind, die Kenntnis von der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit nachzuweisen. Hierfür genügt es nicht, dass im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs eine erste Zahlungserleichterungsvereinbarung getroffen wurde.
  • Bargeschäfte können künftig anfechtungsfest gestaltet werden. Damit hier der Leistungsaustausch im Sinne vom Gesetz unmittelbar ausgestaltet wird, sollten sich Gläubiger fundiert beraten lassen.
  • Verspätet ausgezahlte und gestundete Gehälter von Arbeitnehmern sind anfechtungssicher, wenn der Zeitraum von 3 Monaten nicht überschritten wird.
  • Das Zinsrisiko im Fall einer erfolgreichen Anfechtung wird erheblich eingeschränkt.
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