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Die Vorgaben der Leistungsbeschreibung müssen eindeutig sein

Öffentliche Hand
Die Vorgaben der Leistungsbeschreibung müssen eindeutig sein

Aus der Leistungsbeschreibung muss für die Bieter eindeutig und unmissverständlich hervorgehen, welche Vorgaben sie mit ihrem Angebot zu erfüllen haben. Die Auslegung der Leistungsbeschreibung hat dabei unter Berücksichtigung der Grundsätze der §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont aus Sicht des potentiellen Bieters zu erfolgen. Fehlen eindeutige Vorgaben in der Leistungsbeschreibung, darf das Angebot eines Bieters, das lediglich den internen Vorstellungen des Auftraggebers nicht entspricht, nicht wegen einer Abweichung von den Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden.

Sachverhalt

Ein öffentlicher Auftraggeber hatte die Ausstattung der Schulen in seinem Stadtgebiet mit interaktiven Tafeln europaweit ausgeschrieben. Die näheren Anforderungen an die Hardware, die Software und die begleitenden Dienstleistungen waren dem Leistungsverzeichnis in Form einer Excel-Tabelle zu entnehmen.

Ziff. 1 der Tabelle enthielt 28 Spezifikationen für die interaktiven Tafeln. U.a. in Ziff. 1.23: eine Spezifikation "Ablagefläche für Stifte und Schwämme unterhalb des Displays".

Unter Ziff. 6 fanden sich 13 Spezifikationen für die Wandhalterung aufgelistet. Die Wandhalterung sollte danach eine manuelle Höhenverstellung für die Displays verfügen.

Unter Ziff. 14.1 wurde gefordert: "Deutschsprachige Telefonhotline in der Zeit von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr Montag bis Freitag, sowohl vom Hersteller als auch vom Bieter"

Bei den genannten Spezifikationen handelte es sich um Ausschlusskriterien.

Der Auftraggeber schloss einen Bieter aus dem Vergabeverfahren mit der Begründung aus, dass sich aus dem Leistungsverzeichnis ergebe, dass die Ablage für Stifte und Schwämme mit der interaktiven Tafel - und nicht mit der Wandhalterung - verbunden sein müsse. Diese Besonderheit sei vom Bieterangebot nicht erfüllt. Außerdem erfülle das Angebot die Anforderungen an die Telefonhotline nicht. Der Hersteller biete zwar eine deutschsprachige Hotline an, der technische Support sei aber nur englischsprachig verfügbar. Dies habe sich nach erfolgtem Testanruf herausgestellt.

Gegen den Ausschluss legte der Bieter sofortige Beschwerde beim OLG Celle ein, nachdem er mit seinem Nachprüfungsantrag vor der Vergabekammer gescheitert war.

Entscheidung

Die sofortige Beschwerde hatte Erfolg. Nach Auffassung des Vergabesenats durfte der Auftraggeber den Bieter nicht nach § 57 Abs. 1 VgV ausschließen, da die Leistungsbeschreibung im konkreten Fall nicht eindeutig gefasst war.

Der Vergabesenat weist zunächst darauf hin, dass Angebote, die Änderungen an den Vergabeunterlagen vornehmen, ohne Weiteres von der Wertung auszuschließen seien. Es entspräche allerdings - gerade mit Blick auf die Ausschlusssanktion - der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass aus den Vergabeunterlagen für die Bieter eindeutig und unmissverständlich hervorgehen müsse, welche Erklärungen von ihnen verlangt werden. Auftraggeber träfe insoweit die Verpflichtung, die Vergabeunterlagen klar und eindeutig zu formulieren, um Widersprüchlichkeiten zu vermeiden. Da sich die Leistungsbeschreibung an eine Vielzahl von Bietern richtet, habe die Auslegung unter Berücksichtigung der Grundsätze der §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont aus Sicht des potentiellen Bieters zu erfolgen.

Das vorliegende Leistungsverzeichnis enthalte - wie auch die weiteren Vergabeunterlagen - keine Anforderung dahingehend, dass die Ablagefläche für Stifte und Schwämme mit der interaktiven Tafel verbunden sein müsse. Den Vergabeunterlagen lasse sich nicht einmal entnehmen, dass es dem Auftraggeber überhaupt darauf ankam, an welchem Bauteil die Ablagefläche befestigt sein sollte. Dass sich der Auftraggeber vorbehalten wollte, die Displays auch ohne Wandhalterung nutzen zu können, änderte ebenfalls nichts an der Entscheidung. Dies sei den Bietern vor Abgabe der Angebote mitzuteilen gewesen. Vorliegend ergab sich dieser Vorbehalt lediglich aus dem Vergabevermerk. Der Umstand, dass eine deutschsprachige Telefonhotline vor Auftragserteilung möglicherweise nicht zur Verfügung stand, rechtfertige ebenfalls keinen Ausschluss. Der Bieter müsse die Hotline nicht bereits vor Auftragserteilung vorhalten. Diese Leistung müsse erst nach Auftragserteilung erbracht werden, was der Bieter in seinem Angebot auch erklärt habe.

Fazit

Ein Angebotsausschluss wegen Änderung der Vergabeunterlagen setzt voraus, dass der Auftraggeber die darin enthaltenen Vorgaben eindeutig und erschöpfend beschreibt. Fehlen entsprechend eindeutige Vorgaben in der Leistungsbeschreibung, bildet die subjektive Vorstellung des Auftraggebers vom beschriebenen Leistungsgegenstand keine taugliche Grundlage für einen Angebotsausschluss. Auftraggebern ist daher zu empfehlen, die Leistungsbeschreibung so präzise wie nur möglich abzufassen.

 

Maßgebliche Entscheidung: OLG Celle, Beschl. v. 18.11.2021 – 13 Verg 6/21

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