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Die neue Realität: Klimaanpassung als zweite Säule der Klimapolitik

Die Auswirkungen des Klimawandels sind längst in der EU und auch in Deutschland keine abstrakte Zukunftsvision: Extremwetterereignisse, Dürreperioden und zunehmende Naturkatastrophen fordern Politik, Wirtschaft und Gesellschaft heraus. Während der Fokus der Klimagesetzgebung bislang stark auf der Reduktion von Treibhausgasemissionen lag, tritt nun die Klimaanpassung als zweite, gleichwertige Säule hinzu, denn selbst bei ambitionierten Minderungszielen werden sich die Auswirkungen des Klimawandels nicht vollständig verhindern lassen. Deutet sich hier ein Paradigmenwechsel an?
Die EU als Treiber: Klimaanpassung wird verbindlich
Die Europäische Union hat mit der Verordnung (EU) 2021/1119 (Europäisches Klimagesetz) nicht nur das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 verbindlich verankert, sondern auch eine Pflicht zur kontinuierlichen Verbesserung der Anpassungsfähigkeit aller Mitgliedstaaten geschaffen. Art. 5 des Europäischen Klimagesetzes verpflichtet Mitgliedstaaten zur Entwicklung nationaler Klimaanpassungsstrategien und -pläne, die besonders vulnerable Gruppen und Sektoren wie die Landwirtschaft oder das Gesundheitswesen schützen. Ergänzt wird dies durch die Verordnung (EU) 2018/1999 (Governance-Verordnung), die ein engmaschiges Berichtssystem etabliert: Staaten müssen erstmals detailliert über ihre Anpassungsfortschritte berichten – inklusive Risikoanalysen und Kosten-Nutzen-Bewertungen.
Ein weiterer wichtiger Schritt wird mit der Verordnung (EU) 2024/1991 (Wiederherstellungs-Verordnung) gemacht: Bis 2023 sollen auf mindestens 20 % der EU-Land- und Meeresflächen Renaturierungsmaßnahmen ergriffen werden. Ökosysteme wie Moore oder Auen werden so zu „natürlichen Klimapuffern“, die Hochwasser abfedern und Hitzeinseln reduzieren. Diese Regelungen verdeutlichen, dass Klimaanpassung ein unverzichtbarer Bestandteil der europäischen Klimapolitik wird – und das nicht nur als langfristiges Ziel, sondern auch als verbindliche Pflicht.
Das Bundes-Klimaanpassungsgesetz (KAnG): Deutschlands Weg in eine klimaresiliente Zukunft
Mit dem am 1. Juli 2024 in Kraft getretenen Bundes-Klimaanpassungsgesetz (KAnG) hat Deutschland einen bundesweit einheitlichen Rechtsrahmen für die Klimaanpassung geschaffen. Zum ersten Mal sind Bund, Länder und letzten Endes auch die Kommunen verpflichtet, wissenschaftlich fundierte Anpassungsstrategien bzw. -konzepte zu entwickeln und regelmäßig zu aktualisieren. Das KAnG stellt sicher, dass Klimaanpassung nicht länger nur ein „nice to have“, sondern eine verbindliche Aufgabe der öffentlichen Hand ist. Damit folgt das KAnG dem EU-Leitbild einer klimaresilienten Gesellschaft, die sowohl ökologische als auch sozioökonomische Vulnerabilitäten adressiert – etwa durch hitzerobuste Infrastrukturen oder Hochwasserschutzmaßnahmen.
Das KAnG geht noch einen Schritt weiter, indem es mit § 8 KAnG ein Berücksichtigungsgebot einführt, wonach Behörden Klimaanpassung bei allen Planungen berücksichtigen müssen – von der Bauleitplanung bis zum Katastrophenschutz. Besonders hervorzuheben ist dabei die Rolle der Kommunen, die letztlich als Schlüsselakteure in der Umsetzung lokal angepasster Maßnahmen agieren.
Ausblick: Die nächsten Jahre als Schlüsselmoment
Die kommenden Jahre werden entscheidend dafür sein, wie Deutschland auf die Herausforderungen des Klimawandels reagieren und wie resilient das Land im Jahr 2045 wirklich sein wird.
Klimaanpassung soll vom politischen Lippenbekenntnis zur verbindlichen Staatsaufgabe werden. Die im KAnG vorgeschriebenen, vielschichtigen und auf langfristige Fortschreibung ausgelegten Klimaanpassungspläne und -konzepte legen dafür den Grundstein, gleichzeitig verursacht die Verpflichtung zur Klimaanpassungsplanung auf Bundes-, Landes und kommunaler Ebene aber auch Zeit- und Ressourcenaufwand. Letzten Endes wird der Erfolg der Klimaanpassungsplanung maßgeblich von ihrer praktischen Umsetzung abhängen, zu der das KAnG weitgehend schweigt und auf die jeweiligen Fachgesetze verweist. Brisant wird insbesondere auf lokaler Ebene die Frage, wie Kommunen ggf. erforderliche umfangreiche Klimaanpassungsinvestitionen zur Umsetzung der Klimaanpassungsplanung finanzieren sollen und inwieweit hier eine gemeinsame Finanzierung durch Bund und Länder in Betracht kommt.
Hinweis: Zum Thema Klimaanpassung erscheint in der EurUP Heft 2/2025 ein ausführlicher Fachbeitrag von Verena Rösner und Dr. Kaja Rothfuß.