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Das Schutzschirmverfahren als Rettungsanker in Zeiten von Corona?

Fachbeiträge
Das Schutzschirmverfahren als Rettungsanker in Zeiten von Corona?

Esprit, Galeria Karstadt Kaufhof und jetzt auch Lufthansa? Ist das derzeit viel propagierte Schutzschirmverfahren der neue Rettungsanker für krisenbefangene Unternehmen? Wenn staatliche Liquiditätshilfen und Kurzarbeitergeld nicht mehr ausreichen und die Zahlungsunfähigkeit droht, ist das Schutzschirmverfahren eine Option zur Sanierung des Unternehmens.

Was ist überhaupt ein Schutzschirmverfahren?

Der Schuldner stellt beim zuständigen Insolvenzgericht einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Zusätzlich beantragt der Schuldner eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans von maximal 3 Monaten. Durch den Insolvenzplan soll das Unternehmen saniert werden. Bevor das Insolvenzverfahren also eröffnet wird, erhält das Unternehmen die Möglichkeit, sich innerhalb der gewährten Frist durch Insolvenzplan zu sanieren. Die bisherige Geschäftsführung bleibt im Rahmen des Schutzschirmverfahrens voll handlungsbefugt. Das Gericht bestellt aber zusätzlich einen vorläufigen Sachwalter, der wie ein Aufsichtsrat die Geschäftsführung kontrolliert und prüft, ob während des Verfahrens keine Nachteile für die Gläubiger entstehen.

Welche Voraussetzungen müssen vorliegen?

Der Schuldner muss eine Bescheinigung eines geeigneten Dritten vorlegen, dass das Unternehmen noch nicht zahlungsunfähig und die Sanierung des Unternehmens nicht offensichtlich aussichtslos ist. Es liegt also bereits zu Beginn des Verfahrens ein Sanierungsgrobkonzept vor, welches zu einem Insolvenzplan ausgearbeitet wird. Die Geschäftsführung muss durch einen erfahrenen Sanierungsexperten begleitet werden, sofern sie nicht bereits selbst die notwendige insolvenzrechtliche Expertise mitbringt.

Welche Vorteile hat das Schutzschirmverfahren?

Im Rahmen des Schutzschirmverfahrens stehen dem Unternehmen alle Möglichkeiten der Insolvenzordnung zur Sanierung zur Verfügung. Dies sind insbesondere:

  • Schutz vor Vollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger
  • Offene (ungesicherte) Verbindlichkeiten sind bloße Insolvenzforderungen
  • Löhne und Gehälter werden für den Zeitraum von 3 Monaten von der Bundesagentur für Arbeit übernommen
  • Im Rahmen eines für die Sanierung etwaig erforderlichen Personalabbaus gilt die verkürzte Kündigungsfrist von 3 Monaten und Abfindungen sind der Höhe nach beschränkt
  • Dem Schuldner steht ein Wahlrecht im Hinblick auf die Erfüllung von Verträgen zu

Um es klarzustellen: Alle diese Instrumentarien der Insolvenzordnung stehen einem Unternehmen ebenfalls im Rahmen der normalen Eigenverwaltung und auch im Regelinsolvenzverfahren zur Verfügung.

Als wesentlicher Unterschied zu diesen Verfahrensarten hat der Schuldner im Schutzschirmverfahren das Recht, den Sachwalter selbst zu wählen. Eine Ablehnung durch das Gericht kann nur aufgrund einer mangelnden Eignung erfolgen, beispielsweise bei fehlender Unabhängigkeit oder völlig fehlender Erfahrung. In der Praxis ist dieser Vorteil eigentlich irrelevant. Denn jedem Unternehmer ist bei Beantragung des Schutzschirmverfahrens zu empfehlen, sich vorab mit den Mitgliedern des Gläubigerausschusses über die Person des Sachwalters abzustimmen und einen bei Gericht bekannten Verwalter vorzuschlagen. Andernfalls drohen zeitliche Verzögerungen und Unstimmigkeiten im Rahmen des geplanten Sanierungsverfahrens.

Wie endet das Schutzschirmverfahren?

Ziel des Schutzschirmverfahrens ist die erfolgreiche Sanierung durch Insolvenzplan. Wird die gewährte Frist von maximal 3 Monaten zur Vorlage eines Insolvenzplans eingehalten, kann in einem Abstimmungs- und Erörterungstermin beim Insolvenzgericht über den Insolvenzplan entschieden werden. Stimmt die erforderliche Mehrheit der Gläubiger für den Insolvenzplan positiv ab, wird das Verfahren beendet.

Wenn die Frist verstreicht, ohne dass ein Insolvenzplan vorgelegt wird, heißt das nicht, dass die Sanierung zwingend gescheitert ist. Sofern weiterhin Sanierungsoptionen bestehen, kann das Gericht das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnen. Der Schuldner hat also auch zu einem späteren Zeitpunkt noch die Möglichkeit, einen Insolvenzplan vorzulegen oder das Unternehmen an einen Investor im Wege der übertragenden Sanierung zu verkaufen.

Sofern keine Aussichten mehr auf eine Sanierung des Unternehmens bestehen, eröffnet das Gericht das Insolvenzverfahren als Regelinsolvenzverfahren und bestellt einen endgültigen Insolvenzverwalter. Das Unternehmen wird dann durch den Insolvenzverwalter abgewickelt.

Fazit

Die Insolvenzordnung bietet zahlreiche Möglichkeiten, ein Unternehmen zu sanieren. Diese Möglichkeiten sind in jeder Verfahrensart gegeben, d.h. nicht nur im Rahmen des Schutzschirmverfahrens. Im Vergleich zur klassischen Eigenverwaltung bietet das Schutzschirmverfahren aber keine wirklichen zusätzlichen Vorteile. Im Gegenteil: Die Hürden sind höher. Es muss eine kosten- und zeitintensive Bescheinigung eines geeigneten Dritten beigebracht werden, dass die Zahlungsunfähigkeit noch nicht eingetreten und die Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist.

Es bleibt also das Wort „Schutzschirmverfahren“ was Mitarbeitern, Lieferanten und Kunden signalisieren soll, dass hier die Sanierung des Unternehmens durch Insolvenzplan angestrebt ist. Mit der richtigen Kommunikation gelingt dieser Effekt aber genauso gut im Rahmen des klassischen Eigenverwaltungsverfahrens.

Das Schutzschirmverfahren ist also jedenfalls nicht der einzige Rettungsanker, den die Insolvenzordnung bereithält.

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