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Darf der Projektant später noch mitbieten?

In der Vergabepraxis herrscht Unsicherheit darüber, ob Projektanten vom späteren Vergabeverfahren ausgeschlossen werden müssen. Vorsorglich verzichten daher viele Unternehmen an einer Mitwirkung im Vorfeld der Ausschreibung. Dass eine Vorbefassung nicht automatisch dazu führt, dass der Projektant am späteren Vergabeverfahren nicht teilnehmen darf, zeigt nachfolgender Beitrag.
Was ist unter einer Projektantenstellung zu verstehen?
Projektant ist eine natürliche oder juristische Person, welche den öffentlichen Auftraggeber bei der Vorbereitung des Vergabeverfahrens beraten oder sonst unterstützt hat. Die Einbindung externer Planer oder Berater ist im Rahmen von Vergabeverfahren häufig sinnvoll und in der Praxis weit verbreitet – etwa zur Erstellung von Machbarkeitsstudien, technischen Spezifikationen oder Ausschreibungsunterlagen. Doch gerade diese Konstellation birgt erhebliche vergaberechtliche Risiken, insbesondere im Hinblick auf die Wahrung des Wettbewerbsgrundsatzes und die Gleichbehandlung aller Bieter.
Rechtlicher Rahmen
Die Problematik ist sowohl in § 7 Abs. 1 VgV (bei Liefer- und Dienstleistungsvergaben) als auch in § 6e EU VOB/A (bei Bauvergaben) geregelt. Danach müssen Auftraggeber geeignete Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass durch die frühere Einbindung eines Unternehmens kein Wettbewerbsvorteil entsteht, der den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt. Der Ausschluss eines vorbefassten Unternehmens („Projektant“) kommt nach § 124 Abs. 1 Nr. 6 GWB nur als letztes Mittel in Betracht, wenn eine Verfälschung des Wettbewerbs auf andere Weise nicht verhindert werden kann.
Was bedeutet das konkret für die Praxis?
1. Frühzeitige Dokumentation
Öffentliche Auftraggeber sollten bereits bei der Beauftragung von Projektanten dokumentieren, welche Informationen diese erhalten und welchen Einfluss sie auf spätere Entscheidungen nehmen.
2. Transparente Ausgestaltung des Vergabeverfahrens
Wesentliche Erkenntnisse, Informationen und Dokumente, die im Zuge der Projektvorbereitung durch den Projektanten entstanden sind, müssen allen Bietern zur Verfügung gestellt werden.
3. Die Möglichkeit einer Ortsbesichtigung kann sinnvoll sein
Zusätzlich besteht die Möglichkeit, den interessierten Büros im Vergabeverfahren – und sofern sinnvoll – eine freiwillige Ortsbesichtigung anzubieten. Auf diese Weise können für alle Bieter gleiche Voraussetzungen für die Kalkulation der Angebote und die Einreichung von Konzepten zur Umsetzung der Projektaufgaben geschaffen werden.
4. Prüfung eines möglichen Ausschlusses
Erst wenn trotz Prüfung vorgenannter Maßnahmen ein Wissens- oder Wettbewerbsvorsprung nicht ausgeglichen werden kann, ist ein Ausschluss des Projektanten in Betracht zu ziehen – allerdings stets unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
Fazit
Die Beteiligung von Projektanten am Vergabeverfahren ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Öffentliche Auftraggeber sind jedoch gut beraten, frühzeitig Maßnahmen zur Sicherung eines fairen Wettbewerbs zu ergreifen und mögliche Risiken rechtzeitig zu identifizieren und zu dokumentieren. So entschied zuletzt das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 11. 12.2024 – Verg 24/24), dass die Vergabe des Zuschlags an einen Projektanten rechtmäßig war. Der Auftraggeber hatte den entstandenen Wissensvorsprung durch die Bereitstellung relevanter Informationen ausgeglichen und die Angebote neutral bewertet und vergaberechtlich einwandfrei dokumentiert.