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Bundesfinanzhof kippt den Sanierungserlass

Fachbeiträge

Am 28. November 2016 entscheid der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH), dass die seit 2003 geübte Praxis der Finanzverwaltung, sog. Sanierungsgewinne unter bestimmten Voraussetzungen nicht der Steuer zu unterwerfen, gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt und damit unwirksam ist. Dies stellt die Sanierungspraxis vor große Herausforderungen, da der Verzicht von Gläubigern auf einen Teil ihrer Forderungen unabdingbarer Bestandteil vieler Sanierungsverfahren ist. Löst ein solcher Verzicht nunmehr eine Steuerpflicht aus, droht in einer Vielzahl von Fällen eine Sanierung zu scheitern.

BMF-Schreiben v. 27. März 2003

Insbesondere im Rahmen von Insolvenzplänen, also durch das Insolvenzgericht bestätigten Vergleichen zwischen den Gläubigern und dem Schuldner(-unternehmen), ist regelmäßiger und wichtiger Bestandteil der Sanierung eines Unternehmens der Verzicht von Gläubigern auf einen Teil ihrer Forderungen. Buchhalterisch führt dieser Verzicht beim Insolvenzschuldner zu einer Erhöhung des Betriebsvermögens, die Ertragssteuern auslöst. Verblieb ein solcher Sanierungsgewinn auch nach Ausschöpfen der steuerlichen Verlustverrechnungsmöglichkeiten, konnten die Finanzbehörden aufgrund des BMF-Schreibens vom 27. März 2003 aus sachlichen Billigkeitsgründen von einer Besteuerung absehen.

Erlassmöglichkeit des BMF-Schreibens entbehrt nach BFH einer gesetzlichen Grundlage

In seinem Urteil vom 28. November 2016 kam der BFH nun zu dem Schluss, dass die allgemeine Annahme eines Verzichts auf die Besteuerung auf Grundlage des BMF-Schreibens gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoße und damit in letzter Konsequenz verfassungswidrig sei. Der Gesetzgeber, so der BFH, müsse eine gesetzliche Grundlage für eine solche Regelung schaffen. Unbenommen bleibe es den Finanzbehörden im Einzelfall und nach eingehender Prüfung aus persönlichen Billigkeitsgründen auf eine Besteuerung zu verzichten. Die Finanzverwaltungen haben umgehend auf das Urteil reagiert. So ordnete beispielsweise die Oberfinanzdirektion Stuttgart mit Datum vom 21. Februar 2017 an, dass bis auf weiteres keine verbindlichen Auskünfte zum Vorliegen der Voraussetzungen eines Erlasses der Besteuerung von Sanierungsgewinnen mehr erteilt werden dürfen.

Folgen für die Sanierungspraxis

Die durch die Entscheidung des BFH hervorgerufene Unsicherheit führt dazu, dass in zahlreichen Verfahren die Sanierungsmaßnahmen nicht weiter umgesetzt werden können. Es ist vollkommen unklar, ob sanierungsschädliche Steuern seitens der Finanzverwaltung erhoben werden oder ggf. ein Billigkeitserlass aus persönlichen Gründen in Betracht kommen könnte. Verbindliche Auskünfte vor Durchführung einer Sanierungsmaßnahme erteilen die Finanzbehörden derzeit nicht. Sollte diese Unsicherheit längere Zeit andauern ist davon auszugehen, dass eine Vielzahl an Sanierungsverfahren scheitern werden, verbunden mit einem entsprechenden Verlust an Arbeitsplätzen.

Mögliche Reaktion der Finanzverwaltung

Dem Vernehmen nach plant die Finanzverwaltung kurzfristig auf die Entscheidung des BFH zu reagieren. Ob hierdurch die dringend erforderliche Sicherheit für die aktuellen Sanierungsverfahren wiederhergestellt werden kann, bleibt jedoch abzuwarten, da laut BFH gerade nicht die Verwaltung, sondern der Gesetzgeber gefordert ist.

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