Kontakt

Ob Sie lieber eine E-Mail senden, zum Telefon greifen oder das gute alte Fax nutzen. Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.

Anruf unter
+49 711 86040 00
Fax unter
+49 711 86040 01

BGH: Kein Entfallen der Wiederholungsgefahr bei Ablehnung der strafbewehrten Unterlassungserklärung

Fachbeiträge
BGH: Kein Entfallen der Wiederholungsgefahr bei Ablehnung der strafbewehrten Unterlassungserklärung

Der BGH hat in einer viel beachteten Entscheidung festgestellt, dass die Wiederholungsgefahr bei einer Markenverletzung nicht entfällt, wenn die Gegenseite die Annahme der Unterlassungserklärung ablehnt. Hiermit gibt der BGH eine noch aus den Neunzigerjahren stammende Rechtsprechung auf.

 

Der Sachverhalt im Überblick

Das Gericht entschied über eine Klage der Inhaberin der Unionswortmarke Nr. 000018812 („AUDI“) und der Unionsbildmarke Nr. 000018762 (Audi-Ringe) gegen eine Online-Handelsplattform. Über diese Plattform wurden unter anderem Türlichter für Kraftfahrzeuge vertrieben, die die Marken der Klägerin verwendeten. Es handelte sich dabei nicht um Originalprodukte der Markeninhaberin.

Die Beklagte hatte bereits einige Jahre zuvor eine ähnliche markenrechtliche Auseinandersetzung mit der Klägerin, bei der sie damals eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte. Aufgrund der erneuten Verletzung mahnte die Klägerin die Beklagte nochmals ab. Die Beklagte gab daraufhin eine zweite Unterlassungserklärung nach dem sogenannten „Hamburger Brauch“ ab. Dabei wird neben der Unterlassungsverpflichtung eine „angemessene“ Vertragsstrafe nach Ermessen des Rechtsinhabers vereinbart. Die Strafe kann gegebenenfalls auch von einem Gericht auf Angemessenheit überprüft werden. Die Klägerin lehnte die neue Unterlassungserklärung der Beklagten jedoch ab und rügte die fehlende Bezifferung der Vertragsstrafe gerichtlich. Der BGH musste daraufhin über die Frage der Wiederholungsgefahr entscheiden.

 

Unterlassungserklärung nach Hamburger Brauch an sich geeignet, auch erneute Wiederholungsgefahr auszuräumen

Der Senat stellt zunächst fest, dass die erforderliche höhere Strafandrohung auch bei einer Erklärung nach „Hamburger Brauch“ gegeben sei. Der erneute Rechtsverstoß führe zwar zu einem Wiederaufleben der Wiederholungsgefahr, doch diese könne auch ohne bezifferte Vertragsstrafe ausgeräumt werden. In der Vereinbarung nach dem „Hamburger Brauch“ sei die für den Wiederholungsfall geforderte höhere Strafe bereits enthalten. Die Möglichkeit, eine Vertragsstrafe in unbekannter Höhe festzusetzen, stelle für den Gläubiger keinen unzumutbaren Nachteil dar. Stattdessen sei es sogar ein „besonders geeignetes Mittel“ zur Verhütung künftiger Verletzungshandlungen.  

 

Keine Ausräumung der Wiederholungsgefahr bei abgelehnter Unterlassungserklärung

Nach Ansicht des Senats scheitert die Beseitigung der Wiederholungsgefahr jedoch daran, dass die Klägerin die Unterlassungserklärung abgelehnt hat. Nach bisheriger Rechtsprechung war bereits der Zugang der strafbewehrten Unterlassungserklärung ausreichend, auch wenn der Gläubiger deren Annahme gegenüber dem Schuldner verweigerte. Der Senat legt nun jedoch fest, dass bei Ablehnung durch den Gläubiger kein wirksamer Unterlassungsvertrag entstehe. Ein solcher Vertrag sei jedoch notwendig, um die Wiederholungsgefahr für künftige Verstöße zu beseitigen und eine abschreckende Wirkung zu erzeugen.

 

Fazit

Die neue Rechtsprechung des BGH ist für die wettbewerbs- und markenrechtliche Praxis aus mehreren Gründen interessant. Zum einen klärt der Senat, dass bei einer wiederholten Verletzungshandlung keine Mindestvertragsstrafe festgesetzt werden muss. Eine unbezifferte Unterlassungserklärung nach dem „Hamburger Brauch“ ist damit rechtssicher auch bei wiederholten Verletzungshandlungen möglich.

Zum anderen ändert der BGH seine bisherige Rechtsprechung zum Wegfall der Wiederholungsgefahr bei Erhalt der strafbewehrten Unterlassungserklärung. Der Gläubiger kann den Wegfall verhindern, indem er die Erklärung ablehnt. Dies eröffnet Schutzrechtsinhabern und Wettbewerbern weitreichende Möglichkeiten, insbesondere die gerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs trotz abgegebener Unterlassungserklärung. Ob eine solche Ablehnung ratsam ist und welche Folgen dies hat, muss stets im Einzelfall geklärt werden. Ebenso sollten Verletzer die rechtlichen Handlungsmöglichkeiten sorgfältig abwägen, um angemessen auf eine Ablehnung durch den Gläubiger zu reagieren.

Maßgebliche Entscheidung: BGH, Urteil vom 1.12.2022 – I ZR 144/21

Autoren: Manfred Hammer LL.M. und Fabio Costanza

Zurück