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Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge (Teil 2: Vergaberecht)

Öffentliche Hand
Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge (Teil 2: Vergaberecht)

Der vorliegende zweite Teil zum Aufbau öffentlicher Ladeinfrastruktur fokussiert sich auf die vergaberechtlichen Rahmenbedingungen. Vergaberecht ist grundsätzlich anzuwenden, soweit öffentliche Auftraggeber Beschaffungsvorgänge durchführen. Welche konkreten Vorgaben zu beachten sind, wird im Folgenden näher betrachtet.

Beschaffungsbedarf mit einklagbarer Leistungsverpflichtung als Ausgangspunkt

Wie bei jedem Beschaffungsvorgang ist auch bei Ladesäuleninfrastruktur im ersten Schritt zu klären, was überhaupt Beschaffungsgegenstand ist. Öffentlichen Auftraggebern steht insoweit eine weitreichend autonome Entscheidung zu, die vergaberechtlich grundsätzlich nicht reguliert wird. Denn die Bestimmung des Beschaffungsgegenstands ist ein dem Vergabeverfahren vorgelagerter Entschluss. Bedarfsgegenstand können hierbei die Lieferung, der Bau oder der (längerfristige) Betrieb von Ladeinfrastruktur sein. Je nach Bedarfslage finden dabei unterschiedliche Verfahrensregelungen Anwendung.

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Vergaberechts ist in jedem Fall eine einklagbare Leistungsverpflichtung. So definiert § 103 Abs. 1 GWB einen – grundsätzlich ausschreibungspflichtigen – öffentlichen Auftrag als entgeltlichen Vertrag zwischen öffentlichen Auftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen. Liegt eine solche Leistungsverpflichtung hingegen nicht vor, verbleibt lediglich die Pflicht zur Einholung einer straßenrechtlichen Erlaubnis zur Sondernutzung, als welche der Ladesäulenbetrieb regelmäßig eingestuft wird. Mit solchen öffentlich-rechtlichen Erlaubnissen geht für sich genommen grundsätzlich jedoch noch kein vergaberechtlicher Beschaffungsvorgang einher.

Ausgestaltung als öffentlicher (Bau-, Liefer- oder Dienstleistungs-)Auftrag oder Dienstleistungskonzession

Grundsätzlich denkbar ist eine isolierte Beschaffung von Ladeinfrastruktur ohne eine damit einhergehende Verpflichtung für deren späteren Betrieb. Dabei stellt sich die Frage nach der Abgrenzung zwischen Bau- (§ 103 Abs. 3 GWB) und Lieferauftrag (§ 103 Abs. 2 GWB), wobei sich diese nach dem Hauptgegenstand des Auftrags (§ 110 Abs. 1 S. 2 GWB) bemisst. Die Abgrenzung ist insbesondere von Bedeutung für den maßgeblichen Schwellenwert: Während Bauaufträge erst ab einem geschätzten Auftragswert von 5.538.000 € netto europaweit auszuschreiben sind, gilt dies für Lieferaufträge bereits ab einem geschätzten Schwellenwert von 221.000 € netto.

Ein für die Praxis wohl gängigeres Modell ist die Vergabe von Stellplätzen für E-Ladesäulen unter Einschluss einer entsprechenden (längerfristigen) Betriebspflicht. Liegt das Betriebsrisiko dabei bei dem Unternehmen, stellt sich der Vertrag häufig als Dienstleistungskonzession gemäß § 105 Abs. 1 GWB dar. Dabei gilt ebenfalls ein Schwellenwert von 5.538.000 € netto.

Inhouse-Vergabe häufig nicht möglich

Auf ein förmliches Vergabeverfahren kann – trotz Vorliegen einer Leistungsverpflichtung –verzichtet werden, wenn der Ausnahmetatbestand der sog. Inhouse-Vergabe einschlägig ist, vgl. § 108 Abs. 1, Abs. 8 GWB.

Eine häufig angedachte Inhouse-Vergabe an kommunal beherrschte Stadtwerke dürfte jedoch meist nicht in Betracht kommen. Dies gilt jedenfalls, soweit die Stadtwerke überwiegend Umsätze in einem liberalisierten Wettbewerbsmarkt und nicht mit Blick auf kommunale Daseinsvorsorgeaufgaben generieren.

Ausschreibungspflicht bei Unterschreiten der Schwellenwerte

Unterhalb der o. g. Schwellenwerte ist ein Vergabeverfahren (nach Haushaltsvergaberecht; nach UVgO bzw. VOB/A 1. Abschnitt) durchzuführen, soweit die Vergabe als Bau-, Liefer- oder Dienstleistungsauftrag einzustufen ist. Im Bereich der Konzessionsvergabe ist im Unterschwellenbereich hingegen grundsätzlich keine Ausschreibungspflicht vorgesehen.

Abweichendes gilt laut der Rechtsprechung des EuGH, wenn trotz Unterschreiten des maßgeblichen Schwellenwerts sog. Binnenmarktrelevanz vorliegt. Dies kann etwa bei unmittelbarer Grenznähe der Fall sein. In diesem Fall ist auch eine Konzession im Unterschwellenbereich im Rahmen eines transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens zu vergeben.

Ggf. wettbewerbliches Verfahren bei Fehlen einklagbarer Leistungsverpflichtung

Fehlt es an einer einklagbaren Leistungsverpflichtung, liegt zwar kein vergabepflichtiger Vorgang vor. Jedoch ist die Zahl der für einen Ladesäulenbetrieb denkbaren (Sonder-)Genehmigungen regelmäßig schon mit Blick auf die technischen und räumlichen Kapazitäten begrenzt. Kartellrechtliche Grundsätze verbieten es in diesem Fall, Sondernutzungserlaubnisse für Ladesäulen nach dem Prioritätsprinzip zu vergeben. Es bedarf dann eines transparenten und wettbewerblichen Auswahlverfahrens für den Marktzutritt der interessierten Unternehmen (vgl. Teil 3 des Beitrags).

Fazit

Beim Aufbau öffentlicher Ladeinfrastruktur sollte stets das Vergaberecht im Blick behalten werden. Sofern die Beschaffung im Rahmen des Ladeinfrastrukturprojekts eine einklagbare Leistungspflicht enthält, stellt dies in der Regel einen ausschreibungspflichtigen Vorgang dar. Fehlt es an einer einklagbaren Leistungsverpflichtung, hängen die Errichtung und der Betrieb lediglich von der straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis (ggf. mit vorherigem Verfahren nach kartellrechtlichen Grundsätzen) ab. Vergaberechtliche Aspekte spielen dann keine Rolle.

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