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Auch die Verringerung eines Auftrags ist an § 132 GWB zu messen

Öffentliche Hand
Auch die Verringerung eines Auftrags ist an § 132 GWB zu messen

Ändert ein öffentlicher Auftraggeber nach Vertragsschluss einen Auftrag, verlangt die Vorschrift des § 132 GWB bei wesentlichen Änderungen die Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens. Der Anwendungsbereich der Vorschrift beschränkt sich dabei nicht nur auf die Fälle einer Auftragserweiterung, sondern erfasst auch die nachträgliche Reduzierung des Auftragsvolumens. Das hat die Vergabekammer des Bundes in einer aktuellen Entscheidung klargestellt.

Sachverhalt

Die spätere Antragsgegnerin schrieb europaweit einen Auftrag über die Absicherung von Baumaßnahmen aus. Der Vertrag war als Einheitspreisvertrag ausgestaltet, bei dem sich der Gesamtpreis folglich durch Multiplikation der Einheitspreise mit den jeweiligen Mengen errechnete. Einziges Zuschlagskriterium war der Preis.

Nach der Zuschlagserteilung verringerte die Antragsgegnerin einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses, die bei dem bezuschlagten Angebot aus Sicht der Antragstellerin nicht kostendeckend kalkuliert waren, um 90 %. Gemessen am Gesamtauftragswert betrug die Verringerung des Auftragsvolumens weniger als 10 %.

Die Antragstellerin sah in dem Vorgehen eine wesentliche Änderung des ursprünglichen Auftrags. Folglich sei gem. § 132 Abs. 1 GWB ein neues Vergabeverfahren erforderlich gewesen.

Entscheidung

Die Vergabekammer des Bundes wies den Nachprüfungsantrag zurück.

Ohne weitere Ausführungen ging die Vergabekammer davon aus, dass auch Reduzierungen des Leistungsumfangs an § 132 GWB zu messen sind und prüfte die Vorschrift gegenläufig – „von hinten nach vorne“. Dabei sah sie bereits die an dem bezuschlagten Angebot zu messenden „de-minimis-Grenzen“ des § 132 Abs. 3 GWB als unterschritten an.

Unabhängig davon lehnte die Vergabekammer auch eine wesentliche Änderung gem. § 132 Abs. 1 S. 3 GWB ab. Die Reduzierung des Leistungsumfangs hätte nicht das Interesse weiterer Teilnehmer am Verfahren geweckt, was nach § 132 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 lit. c) eine wesentliche Änderung indiziert hätte. Dabei genügte der Vergabekammer die hypothetische Möglichkeit nicht, dass sich kleinere Unternehmen für den Auftrag bei reduziertem Leistungsumfang interessiert hätten, da sich dieser Umstand „nicht aufdränge“.

Auch eine Änderung des wirtschaftlichen Gleichgewichts – nach den Regelbeispielen des § 132 Abs. 1 S. 3 GWB ebenfalls eine wesentliche Änderung – lehnte die Vergabekammer ab. Schließlich folgten aus den reduzierten Mengen auch reduzierte Vergütungssätze. Das Argument der Antragstellerin, dass die reduzierten Positionen im bezuschlagten Angebot ruinös unterfinanziert seien und sich die Marge der Beigeladenen folglich deutlich verbessere, überzeugte die Vergabekammer nicht. Müsste der Auftraggeber bei der Betrachtung die Marge berücksichtigen, sei die Vorschrift praktisch nicht mehr anwendbar. Die Marge könne daher unberücksichtigt bleiben.

Fazit

Auch Reduzierungen des Leistungsumfangs sind an § 132 GWB zu messen. Wird der Leistungsumfang reduziert, erweitert sich der potenzielle Bieterkreis typischerweise durch kleinere Unternehmen, was eine wesentliche Änderung darstellen kann. Die rein hypothetische Möglichkeit einer Erweiterung des Bieterkreises – unabhängig von jeder Wahrscheinlichkeit – reicht für die Annahme einer wesentlichen Änderung allerdings nicht aus.

 

Maßgebliche Entscheidung: VK Bund, Beschl. v. 06.05.2021 – VK2-33/21

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