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„Anti-Abmahngesetz“ vom Bundestag beschlossen

Fachbeiträge
„Anti-Abmahngesetz“ vom Bundestag beschlossen

Am 10. September 2020 wurde das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs (sog. „Anti-Abmahngesetz“) vom Bundestag beschlossen. Zweck dieses Gesetzesvorhabens ist ein verbesserter Schutz gegen missbräuchliche Abmahnungen. Es enthält verschiedene tiefgreifende Änderungen des Wettbewerbsrechts wie die Einschränkung der Wahl des Gerichtsstands, erhöhte Anforderungen an die Befugnis zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen, die Verringerung finanzieller Anreize für Abmahnungen sowie eine vereinfachte Geltendmachung von Gegenansprüchen im Falle einer unberechtigten Abmahnung.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

  • Klagebefugnis

Das Gesetz erhöht die Anforderungen an Mitbewerber und klagebefugte Wirtschaftsverbände zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen. Zukünftig kommt es im Fall der Abmahnung eines Mitbewerbers darauf an, ob dieser tatsächlich in „nicht unerheblichem Maße“ und „nicht nur gelegentlich“ ähnliche Waren oder Dienstleistungen vertreibt bzw. nachfragt.

Klagebefugte Wirtschaftsverbände müssen zukünftig u.a. höhere Anforderungen an die Mitgliederzahlen erfüllen. Hierdurch könnte der Status einzelner Verbände (bzw. „Abmahnvereine“) gefährdet sein. Es besteht die Gefahr, dass diese Verbände durch zunehmende Abmahnaktivitäten versuchen, innerhalb der ihnen gewährten Übergangsfrist von einem Jahr auf die geforderte Anzahl von Mitgliedern zu wachsen.

  • Kein Aufwendungsersatz bei bestimmten Verstößen

Bei Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien soll es Abmahnenden zukünftig in aller Regel nicht mehr möglich sein, von dem Abgemahnten die Erstattung der Abmahnkosten zu verlangen. Diese Neuerung ist weitreichend, da sie sich nach der Gesetzesbegründung z.B. auf Verstöße gegen die Impressumspflicht, Informationspflichten im Fernabsatz, die Pflicht zur Widerrufsbelehrung oder Vorschriften der Preisangabenverordnung auf Webseiten und im Onlinehandel bezieht.

  • Keine Vertragsstrafe bei erstmaliger Abmahnung

Mitbewerber dürfen künftig bei erstmaliger Abmahnung keine Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe mehr von dem Abgemahnten verlangen, sofern dieser in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt. Nicht geregelt ist jedoch, wie aus einer solchen (nicht strafbewehrten) Unterlassungserklärung im Falle eines Verstoßes vorgegangen werden kann.

  • „Fliegender Gerichtsstand“

Bei Verstößen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien wird es zukünftig nicht mehr möglich sein, die Ansprüche überall dort gerichtlich geltend zu machen, wo die betreffende Webseite abgerufen werden kann („fliegender Gerichtsstand“). Solche Verstöße sollen nach der Neuregelung grundsätzlich nur vor dem Landgericht am Sitz des Beklagten verhandelt werden. Damit muss beispielsweise ein Wettbewerber, der auf seiner Homepage irreführend wirbt, an dessen Sitz gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

In diesen Fällen ist damit die Praxis, Klage vor einem „angreiferfreundlichen“ Gericht zu erheben, passé. Vermutlich müssen bspw. das Landgericht Köln oder das Landgericht Hamburg nach Inkrafttreten des Gesetzes mit sinkenden Fallzahlen rechnen.

  • Anspruch auf Kostenerstattung bei unberechtigter Abmahnung

Zuletzt werden die formalen Anforderungen an Abmahnungen erhöht. Eine Abmahnung gilt bereits dann als unberechtigt, wenn sie diese formalen Anforderungen nicht erfüllt. In diesem Fall entfällt nicht nur der Anspruch des Abmahnenden auf Ersatz seiner Kosten, vielmehr erhält der Abgemahnte einen Gegenanspruch auf Ersatz seiner Kosten für die Verteidigung gegen die unberechtigte Abmahnung. Dies war bislang nur bei unberechtigten Schutzrechtsverwarnungen der Fall, also beispielsweise bei Abmahnung einer tatsächlich nicht vorliegenden Markenverletzung.

Wann das Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird und in Kraft tritt, ist derzeit noch nicht absehbar. Wir werden darüber zu gegebener Zeit berichten.

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