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AGB-Rechtskontrolle nur während des laufenden Vergabeverfahrens!

Fachbeiträge

Bei der europaweiten Vergabe öffentlicher Aufträge haben die Bieter nach § 97 Abs. 6 GWB einen Anspruch auf Einhaltung der „Bestimmungen über das Vergabeverfahren“. Diesen Anspruch können Bieter – bis zum Abschluss des Vergabeverfahrens durch Zuschlag – mittels Nachprüfungsverfahren durchsetzen. Zu den Bestimmungen über das Vergabeverfahren gehören neben den Grundsätzen der Gleichbehandlung, des Wettbewerbs und der Transparenz etwa die Vorgaben zur Wahl der richtigen Vergabeverfahrensart. Darüber hinaus ist in der vergaberechtlichen Rechtsprechung die Tendenz zu beobachten, dass auch die Einhaltung von Vorschriften aus anderen Rechtsgebieten im Vergabenachprüfungsverfahren von Bietern eingefordert werden kann. Das gilt etwa für die Vereinbarkeit der Vorgaben der Ausschreibung mit den Bestimmungen des Abfallrechts oder die Vereinbarkeit der einseitig durch öffentliche Auftraggeber vorgegebenen Vertragsentwürfe mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB.

Die Grundsatzfrage


Nicht geklärt war in diesem Zusammenhang, ob sich ein Auftragnehmer auch nach Vertragsabschluss vor den Zivilgerichten auf die Unwirksamkeit vertraglicher Regelungen wegen Verstoßes gegen das AGB-Recht berufen und somit eine für ihn wirtschaftlich günstige Vertragsanpassung erreichen kann, ohne dass er zuvor eine Überprüfung der Vertragsklauseln im Wege des vergaberechtlichen Primärrechtsschutzes verfolgt hat. Entscheidend ist dabei, dass im Wege des vergaberechtlichen Primärrechtsschutzes eine Anpassung des Vertragsentwurfs erreicht werden kann, den alle Bieter ihren Angeboten zu Grunde legen. Von einer Vertragsanpassung nach Vertragsabschluss profitiert dagegen nur der Auftragnehmer.

Sachverhalt und Antwort des OLG Celle


Das Oberlandesgericht Celle befasste sich mit dem Anspruch eines Unternehmens gegen einen öffentlichen Auftraggeber auf Anpassung der Vergütung aus einem bereits abgeschlossenen Vertrag über Schülerbeförderungsleistungen. Das Unternehmen berief sich darauf, dass die im Vertrag geregelten Beschränkungen möglicher Vergütungsanpassungen gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB verstoßen. Das Oberlandesgericht Celle wies die Klage ab. Es stellt zunächst fest, dass es sich bei den in Frage stehenden, einseitig vorgegebenen Vertragsklauseln um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 BGB handelt und dass die Beschränkung möglicher Vergütungsanpassungen im Vertrag gegen die Wertungen des AGB-Rechts verstößt. Allerdings könne sich das Unternehmen in einem Fall wie dem vorliegenden – in welchem dem Vertragsschluss ein Vergabeverfahren nach den §§ 97 ff. GWB vorausgeht – nicht auf die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel berufen, wenn es nicht zuvor im Wege des vergaberechtlichen Primärrechtsschutzes eine Überprüfung verfolgt hat.

FAZIT


Eine nachträgliche Anpassung der vertraglichen Regelungen, die sich wirtschaftlich zu Gunsten des Auftragnehmers auswirkt, verstößt gegen den vergaberechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter im Vergabeverfahren. Das Gericht skizziert dazu folgendes Szenario: Ein Unternehmen könnte darauf spekulieren, sich nach Vertragsschluss auf die bereits während des Vergabeverfahrens erkannte Unwirksamkeit einer Klausel zu berufen. Als Konsequenz würde es seinen Angebotspreis so kalkulieren, als wäre die unwirksame, wirtschaftlich für Auftragnehmer nachteilhafte Regelung nicht existent. Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Vergaberecht verlangt jedoch, dass alle Angebote von denselben Kalkulationsgrundlagen ausgehen. Es kommt nach der Begründung des Oberlandesgerichts Celle nicht darauf an, dass ein solches Vorgehen nachweisbar ist. Bereits die Möglichkeit eines solchen Vorgehens ist auszuschließen und die Klage damit abzuweisen. Das letzte Wort in dieser Grundsatzfrage hat der Bundesgerichtshof, da gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Celle Revision eingelegt wurde.

Maßgebliches Entscheidung: OLG Celle, Urteil vom 18.01.2018 – 11 U 121/17

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