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Addition von Planungsleistungen bei der Auftragswertberechnung

Fachbeiträge

Die Praxis der Vergabe von Planungsleistungen bewegt weiterhin die Frage, ob bzw. in welchen Fallkonstellationen Planungsleistungen unterschiedlicher Leistungsbilder für die Berechnung des Auftragswerts zusammenzurechnen sind. Ausgangspunkt im deutschen Recht ist die Vorschrift des § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV, wonach die Werte „gleichartiger“ Planungsleistungen zu addieren sind. Die alte Rechtslage stellte in § 3 Abs. 7 Satz 3 VgV a.F. noch auf „Teilaufträge derselben Leistung“ ab und ließ sich daher auch im Sinne einer leistungsbezogenen Betrachtung (entsprechend der Leistungsbilder der HOAI) interpretieren.

Auf der Grundlage des neuen Vergaberechts 2016 dürfte jedoch eine rein leistungsbezogene Betrachtung kaum mehr vertretbar sein. In der Begründung zu § 3 Abs. 7 VgV führt der Normgeber aus, dass bei der Bewertung, ob Planungsleistungen gleichartig sind, die wirtschaftliche oder technische Funktion der Leistung zu berücksichtigen ist. Diese Formulierung hat der Gesetzgeber wörtlich der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache „Autalhalle Niedernhausen“ entnommen.

Vor diesem Hintergrund hatte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. Im konkreten Fall beauftragte die Stadt Elze ohne Ausschreibung verschiedene orts- bzw. umgebungsansässige Büros mit unterschiedlichen Planungsleistungen (Objekt-, Tragwerksplanung und technische Ausrüstung) in einer in der Gesamthöhe oberhalb des Schwellenwerts für die Anwendbarkeit des europäischen Vergaberechts liegenden Summe von EUR 457.000,00 netto. Damit verstieß die Stadt Elze nach Ansicht der EU-Kommission gegen das europäische Vergaberecht. Die Leistungen bezogen sich allesamt auf das Freibad und wiesen damit in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht einen funktionellen Zusammenhang auf. Die Einzelleistungen für den Auftragswert waren daher zu addieren.

Das Vertragsverletzungsverfahren wurde von der Kommission Ende 2016 eingestellt. Da die Arbeiten vollständig abgeschlossen waren, entfalteten diese keine Rechtswirkung mehr. Die EU-Kommission hat aber erkennen lassen, dass sie an ihrer grundsätzlichen Rechtsauffassung festhält. Es ist damit zu rechnen, dass sie das Thema der Addition von Planungsleistungen mit Blick auf die Schwellenwertberechnung bei nächster Gelegenheit wieder aufgreift.

Fazit:

 

Da der EuGH keine Entscheidung fällen konnte, ist die Frage, welche Planungsleistungen für die Berechnung des Auftragswerts zu addieren sind, nach wie vor nicht abschließend geklärt. Allerdings sprechen sowohl die Neufassung des § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV einschließlich der zugrundeliegenden Gesetzesbegründung sowie die Rechtsauffassung der EU-Kommission für eine funktionale Betrachtungsweise. Das bedeutet, dass Planungsleistungen für die Frage, ob der EU-Schwellenwert überschritten ist, addiert werden müssen. Planungsbüros müssen sich künftig daher darauf einstellen, dass Planungsleistungen vermehrt europaweit ausgeschrieben werden. Das erfordert zum einen spezifische Kenntnisse der formalisierten Verfahrensregeln, um erfolgreich im Wettbewerb bestehen zu können. Zum anderen beinhaltet das europäische Vergaberecht subjektive Rechte für die Planungsbüros als Bieter, die sie bei einer Benachteiligung im Wettbewerb öffentlichen Auftraggebern gegenüber geltend machen können.

Maßgebliche Entscheidung: EuGH, Urt. v. 15.03.2012, C-574/10 - „Autalhalle Niedernhausen“ Vertragsverletzungsverfahren EU-Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland, Vertragsverletzung Nr. 2015/4228

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