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Neues Anti-Korruptionsstrafrecht ist in Kraft – Verstoß gegen interne Compliance-Richtlinien kann zu Strafbarkeit führen

Fachbeiträge

Bislang war es straflos, wenn sich ein Mitarbeiter von einem Geschäftspartner dafür bezahlen ließ, dass er vor dem Kauf einer Ware eine intern vorgeschriebene Produktsicherheitsprüfung unterließ oder sonstige Eingangskontrollen seines Unternehmens vernachlässigte. Das ändert sich nun: Am 26. November 2015 ist die Neuregelung von § 299 StGB in Kraft getreten. Strafbar sind nunmehr auch die Gewährung und Entgegennahme von Zuwendungen im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit einem Beschaffungsvorgang, wenn der Begünstigte als Gegenleistung eine ihm obliegende Pflicht gegenüber seinem Arbeitgeber verletzt. Gesetzesuntreuen Mitarbeitern drohen bis zu drei Jahren Haft.

 

Die gesetzliche Neuregelung schließt die bislang bestehende Strafbarkeitslücke zwischen dem bisherigen Tatbestand der Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB alt) und der Strafbarkeit einer Untreue gegenüber dem eigenen Unternehmen (§ 253 StGB). Bislang war es straflos, wenn Mitarbeiter Geld oder andere Sachleistungen dafür entgegennahmen, dass sie betriebsbezogene Pflichten vernachlässigten, ohne dass dies zu einer Wettbewerbsverzerrung oder zu einem Vermögensschaden ihres Unternehmens führte.

 

Nach neuer Gesetzeslage bestehen vier kumulative Voraussetzungen für eine Strafbarkeit von Zuwendungsgebern und Zuwendungsempfängern im geschäftlichen Verkehr:

1. Die Zuwendung (Geld oder sonstige Vorteile) muss im Rahmen eines Beschaffungsvorgangs (Einkauf von Waren oder Dienstleistungen) gewährt werden.

2. Die Zuwendung muss als Gegenleistung dafür dienen, dass sich ein Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens zur Verletzung seiner Pflichten bereit erklärt.

3. Der Zuwendende und der Zuwendungsempfänger müssen eine Vereinbarung oder ein stillschweigendes Einvernehmen über den Zweck der Zuwendung getroffen haben (sog. Unrechtsvereinbarung).

4.Es darf keine vorherige Einwilligung des Unternehmens (durch eine entscheidungsbefugte Person) in die Pflichtverletzung des Mitarbeiters vorliegen.

 

Die Strafbarkeit des neuen Bestechungstatbestands in § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB tritt neben die bisher geltenden Regelungen zur Bestechung im geschäftlichen Verkehr. Diese gelten fort. Auch künftig bleibt jede Annahme von Zuwendungen strafbar, wenn sie als unlautere Gegenleistung für eine Bevorzugung im geschäftlichen Verkehr, so insbesondere für eine Auftragserteilung, zu verstehen ist. Wird eine Bestechungssumme gezahlt, um einen Auftrag zu erhalten, kann eine Einwilligung des Arbeitgebers des Bestochenen die Strafbarkeit nicht beseitigen. In der Praxis führt die gesetzliche Neuregelung dazu, dass Verstöße von Mitarbeitern gegen interne Compliance-Richtlinien nicht nur disziplinarische Maßnahmen und Schadensersatzforderungen mit sich bringen, sondern sogar eine Strafbarkeit des Mitarbeiters auslösen können. Dies ist der Fall, wenn sich der Mitarbeiter den Verstoß gegen die internen Vorgaben von einem Dritten bezahlen lässt. Gedacht sei etwa an die Vernachlässigung interner Hygiene-, Sicherheits- oder Verpackungsvorgaben, die zwar keinen Vermögens-, aber einen erheblichen Reputationsschaden für das Unternehmen mit sich bringen können.

 

Ob sich ein Mitarbeiter schlussendlich der Strafverfolgung ausgesetzt sieht, wird in den meisten Fällen in der Hand der Unternehmen bleiben. Nur wenn der Arbeitgeber einen Strafantrag stellt oder ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung vorliegt, darf die Staatsanwaltschaft einen Verstoß gegen interne Compliance-Vorgaben aufgreifen. Ein öffentliches Interesse ist nur bei besonders schweren Rechtsverstößen oder Vergehen mit einer Vielzahl von Betroffenen zu bejahen. Bereits die bloße Gefahr einer Strafbarkeit von Verstößen gegen interne Vorgaben gibt Unternehmen aber ein effektives Druckmittel in die Hand, um ihren Mitarbeitern die Pflicht zur Einhaltung von Compliance-Vorschriften deutlich vor Augen zu führen.

 

Fazit: Die Schlinge um korrupte Mitarbeiter zieht sich weiter zu. Strafbar sind nach neuem Recht nicht nur Bestechungszahlungen für den Erhalt eines Auftrags, sondern auch Zuwendungen, die als Gegenleistung für die Vernachlässigung unternehmensbezogener Pflichten bei einem Beschaffungsvorgang geleistet werden. Insbesondere interne Compliance-Vorgaben im Einkauf erlangen dadurch einen höheren Wert. Mitarbeiter, die gegen solche Compliance-Richtlinien verstoßen, setzen sich nicht nur einem Schadensersatzrisiko aus, sondern riskieren nach neuem Recht auch eine Haft- oder Geldstrafe.

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