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Die Bauplatzvergabe von Städten und Kommunen – auf die Details kommt es an!

Öffentliche Hand
Die Bauplatzvergabe von Städten und Kommunen – auf die Details kommt es an!

Bauland ist in Deutschland nach wie vor sehr knapp und freie Baugrundstücke sind aufgrund der hohen Bewerberzahlen regelmäßig stark „umkämpft“. Nur wenige können letztlich den „Zuschlag“ bekommen. Veräußert eine Gemeinde kommunale Bauplätze, steht sie vor der Herausforderung, das Verfahren rechtssicher auszugestalten. Dabei gilt es, die vielfältigen Anforderungen der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und des Europäischen Gerichtshofs zu berücksichtigen. Für die Ausgestaltung der „Vergaberichtlinien“ bietet es sich an, auf die Grundsätze des GWB-Vergaberechts zurückzugreifen, auch wenn es sich nicht um ein „klassisches“ GWB-Vergabeverfahren handelt. Der Begriff „Vergabe“ meint daher in diesem Zusammenhang nicht das Vergaberecht.

Gebot der Transparenz und Öffentlichkeitsgrundsatz

Unabhängig davon, ob die Gemeinde das Bauland vergünstigt abgeben oder ortsansässige Familien vorrangig berücksichtigen möchte, gelten zwingende Grundregeln für die Bauplatzvergabe. Besonders wichtig ist dabei die transparente Ausgestaltung des Verfahrens. Verhandeln Gemeinden die Frage der Bauplatzvergabe etwa in nichtöffentlicher Gemeinderatssitzung, machen sie sich schnell angreifbar, wie ein Urteil des VG Sigmaringen zeigt (VG Sigmaringen, Urt. v. 10.03.2020 – 3 K 3574/19). In diesem Fall wurde die maßgebliche Sachdiskussion in nichtöffentlichen Klausurtagungen vorweggenommen.

Zu empfehlen ist daher ein Stufenmodell. Auf der ersten Stufe steht die Festlegung der Vergaberichtlinien. Darauf folgt die Entscheidung über die Vergabe und auf der letzten Stufe wird die Verkaufsentscheidung bekannt gegeben. Sowohl die Festlegung des Vergabeverfahrens (Stufe 1) als auch die Bekanntgabe der Verkaufsentscheidung (Stufe 3) sollten Teil von öffentlichen Sitzungen des Gemeinderats sein. Zudem sind die Vergaberichtlinien ordnungsgemäß öffentlich bekannt zu machen.

Die inhaltliche Ausgestaltung der Vergabekriterien

Die Verwaltungsgerichte stellen hohe Anforderungen an die inhaltlich transparente Ausgestaltung der Vergabekriterien. Danach hat die Baulandvergabe im Wege pflichtgemäßer Ermessensausübung unter Beachtung der Grundsätze der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG), der Transparenz, der Diskriminierungsfreiheit sowie der Bestimmtheit zu erfolgen. Wie schwierig die rechtssichere Umsetzung dieser weichen Grundsätze ist, zeigt eine weitere Entscheidung des VG Sigmaringen (VG Sigmaringen, Beschl. v. 21.12.2020 – 7 K 3840/20). Hier genügten die Vergabekriterien nicht dem Transparenzgebot, da sie nicht so klar und eindeutig formuliert waren, dass jeder verständige und durchschnittliche Bewerber sie verstehen und seine Chancen auf den Zuschlag abschätzen konnte. Zwar gibt der Gemeindetag Baden-Württemberg den Gemeinden ein Muster für die Formulierung von Vergabekriterien an die Hand. Häufig steckt jedoch der Teufel im Detail. Die eigenen Kriterien hier rechtssicher anzupassen, gelingt am einfachsten, wenn man sich an den Grundsätzen für Kriterien öffentlicher Vergaben orientiert. Zwar stellt die Vergabe von Baugrundstücken regelmäßig keinen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 103 Abs. 1 GWB dar und begründet daher keinen Anwendungsbereich des Vergaberechts. Die Ausgestaltung der „Vergabekriterien“ ist mit der Orientierung an dem GWB-Vergaberecht aber rechtssicher möglich. Für viele Gestaltungsfragen kann daher auf vergaberechtliche Rechtsprechung zurückgegriffen werden.

Das sog. Einheimischenmodell

Noch komplexer wird die Bauplatzvergabe, wenn sich die Gemeinde für das sog. Einheimischenmodell entscheidet. Ziel von Einheimischenmodellen ist es, einkommensschwächeren Bürgern, insbesondere sozial schwachen Personen und jungen Haushalten, die nicht in der Lage sind, ausreichendes Kapital für den Kauf einer Liegenschaft aufzubauen, den Erwerb angemessenen Wohnraums in ihrer Heimatgemeinde zu ermöglichen.

Der EuGH hat im Jahr 2013 entschieden, dass eine Bevorzugung von ortsansässigen Bewerbern gegen Unionsrecht verstößt, wenn die Bevorzugung nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit sozioökonomischen Aspekten als zwingende Gründe des Allgemeininteresses steht. Auch aus diesem Urteil ergeben sich also weitere Anforderungen an die Ausgestaltung von Bauplatzvergabekriterien. Die Bundesregierung hat gemeinsam mit Bayern und in Abstimmung mit der Europäischen Kommission sog. EU-Kautelen entwickelt, die ähnlich wie die Muster-Vergabekriterien des Gemeindetages Baden-Württemberg für Abhilfe schaffen sollen.

Fazit

Die rechtssichere Ausgestaltung von Vergabekriterien für die Bauplatzvergabe bleibt eine schwierige Angelegenheit, für die sowohl verwaltungsrechtliche als auch vergaberechtliche Expertise gefragt ist.

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