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BGH – Der Autor haftet für die Weiterverbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen durch Dritte im Internet

Fachbeiträge

Der beklagte Autor war Rechtsanwalt einer auf Anlegerschutz spezialisierten Kanzlei und hatte auf der Kanzleihomepage über einen Rechtsstreit mit einer Aktiengesellschaft nachweislich unwahr berichtet. Diese hatte den Autor deshalb wegen eines Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Anspruch genommen, woraufhin der Autor die Beiträge auf seiner Webseite löschte. Die Berichterstattung war jedoch von zahlreichen anderen Internetseiten ohne Zutun des Autors übernommen worden und auf diesen auch weiterhin abrufbar. Die Klägerin hat von dem Autor verlangt, die Löschung des Beitrags auch auf den anderen Internetseiten zu bewirken, was die Hamburger Instanzgerichte mit der Begründung ablehnten, der Autor sei nicht für die Folgeveröffentlichungen verantwortlich.

Nach Auffassung des BGH kann der Betroffene dagegen den Autor zur Beseitigung eines Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung grundsätzlich auch auf das Hinwirken einer Löschung rechtswidriger, im Internet weiterhin abrufbarer Tatsachenbehauptungen in Anspruch nehmen. Zwar bestehe mangels Zugriffs des Autors auf fremde Internetseiten kein Anspruch, die Löschung auf fremden Internetseiten zu „bewirken“. Da Meldungen im Internet typischerweise von Dritten verlinkt und kopiert würden, habe die Erstveröffentlichung aber verursacht, dass ein größerer Personenkreis die Falschbehauptungen zur Kenntnis nimmt und weiterverbreiten kann. Daher hafte der Autor als Störer, obwohl Dritte die persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalte eigenverantwortlich auf den streitgegenständlichen Internetseiten veröffentlicht hatten.

Im Rahmen eines Beseitigungsanspruchs kann daher das „Hinwirken“ auf Löschung im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen verlangt werden, wenn und soweit die beanstandeten Behauptungen nachweislich falsch sind und die begehrte Abhilfemaßnahme unter Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen, insbesondere der Schwere der Beeinträchtigung, zur Beseitigung des Störungszustandes geeignet, erforderlich und dem Störer, hier dem Autor, zumutbar ist.

Wie die Pflicht zum Hinwirken auf die Löschung konkret ausgestaltet sein soll, führt der BGH nicht weiter aus, so dass durch diese Entscheidung wichtige Fragen offen bleiben: Muss der Autor die Webseitenbetreiber nur anschreiben und muss er dabei mit einer Klage drohen oder muss er darüber hinaus sogar auf Löschung klagen? Genügt ein einmaliges Anschreiben oder ist er verpflichtet, mehrfach nachzufassen und ggf. auf andere Kommunikationskanäle auszuweichen (z.B. Telefon oder Telefax)?

Die Entscheidung hat negative Folgen für die Inhalteanbieter wie z.B. Verlage. Das „Einsammeln“ verbreiteter Falschbehauptungen verursacht einen erheblichen Zeit- und Kostenaufwand, der umso größer ist, je mehr Aufmerksamkeit der Beitrag erzielt. All dies ist im Vorfeld bei der Abwägung des „Für und Wider“ der Veröffentlichung einer kritischen Berichterstattung zu berücksichtigen. Der Autor trägt auch das Risiko, dass die ergriffenen Maßnahmen unzureichend waren. Bis zur Klärung des Umfangs der weitgehenden Beseitigungspflicht durch die Rechtsprechung sollten Autoren im Zweifel große Anstrengungen unternehmen, um eine Löschung der betreffenden Behauptungen auch auf fremden Internetseiten zu erreichen.

Maßgebliche Entscheidung: BGH, Urt. v. 28.07.2015 – VI ZR 340/14

Fazit: Der Autor einer persönlichkeitsrechtsverletzenden, unwahren Tatsachenbehauptung haftet nicht nur für eigene Online-Veröffentlichungen, sondern hat auch darauf hinzuwirken, dass Dritte, welche die Äußerung im Internet weiterverbreiten, diesen Inhalt löschen, wenn die Äußerung nachweislich falsch und die Beseitigung im Einzelfall geeignet, erforderlich und zumutbar ist. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der Dritte eigenverantwortlich ohne Zutun des Autors gehandelt hat.

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