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Vergabe- und vertragsrechtliche Herausforderungen der Stoffpreisentwicklung bei Vergabeverfahren

Fachbeiträge
Vergabe- und vertragsrechtliche Herausforderungen der Stoffpreisentwicklung bei Vergabeverfahren

Vergabe- und vertragsrechtliche Herausforderungen der Stoffpreisentwicklung bei Vergabeverfahren

Der Umgang mit unbekannten Preissteigerungen bei Baustoffen hat bereits in der Coronakrise die Vergabeverfahren und damit auch die Vertragsverhandlungen bestimmt. Der Angriffskrieg durch Russland auf die Ukraine führt zu weiteren erheblichen Preissteigerung von Baumaterialen infolge von Materialengpässen. Deshalb muss nach wie vor in den Vergabeverfahren die derzeitige Stoffpreisentwicklung berücksichtigt werden.

Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen hat mit Erlass vom 25. März 2022 auf die starke Preisentwicklung bei Baumaterialien reagiert und für bestimmte Produktgruppen wie z.B. Stahl, Aluminium und Holz eine Sonderregelung für Bundesbaumaßnahmen erlassen. Inzwischen wurden diese Vorgaben bis zum 31. Dezember 2022 verlängert. Trotz der mit den Preissteigerungen verbundenen Unsicherheiten sind ausschreibungsreife Gewerke zu vergeben, Planungen fortzusetzen und zur Ausschreibung zu führen. Die Vereinbarung einer Stoffpreisgleitklausel ist für diese Fälle vorgesehen, die Preisanpassungen aufgrund veränderter Materialkosten ermöglicht. Sie kann zur Vermeidung ungewöhnlicher Wagnisse erforderlich und im Hinblick auf günstige Angebotspreise sinnvoll sein. Bis zum Erlass entsprechender Vorgaben auf Landesebene dienen diese Bestimmungen als Orientierung für Vergaben auf Landes- und Kommunalebene.

Wie können Auftraggeber bei neu zu startenden Bauvergaben die aktuellen Preissteigerungen sinnvoll im Vergabeverfahren berücksichtigen und dennoch ein wirtschaftliches Angebot erzielen? Hier ist einerseits zu prüfen, ob bereits im Rahmen der Angebotsbewertung bei der preislichen Auswertung die Preisentwicklung berücksichtigt wird.

Andererseits können Auftraggeber den Bietern Vertragsentwürfe zur Verfügung stellen, die bereits eine sinnvolle Ausgestaltung der Klausel zur Preisentwicklung enthalten. Dies gilt auch und gerade im Verhandlungsverfahren, um mit den Bietern in eine gute Verhandlung eintreten zu können. Denn die Bauwirtschaft drängt derzeit bei fast allen Bauverträgen auf die Vereinbarung einer Preisgleitklausel. Die Vereinbarung und konkrete Ausgestaltung der Preisgleitklausel ist einer der zentralen Schwerpunkte bei aktuellen Vertragsverhandlungen. Da Bauunternehmen von ihren Nachunternehmen bzw. Lieferanten häufig nur tagesaktuelle Angebote erhalten, ist dies aufgrund des erheblichen Kalkulationsrisikos für Auftragnehmer nachvollziehbar.

Die erheblichen Preissprünge sollten daher zwischen den Parteien verteilt werden. Preisgleitklauseln haben sich dabei zwischenzeitlich zur (vorübergehenden) Standardregelung in Bauverträgen mit öffentlichen Auftraggebern herausgebildet.

Praxistipp

Bereits vor Beginn des Vergabeverfahrens ist bei der Ausgestaltung des Zuschlagskriteriums Preis zu überlegen, wie die Preisgleitklausel berücksichtigt werden kann. Dies kann vor allem sinnvoll sein, um die Aussagekraft des Preises bei der Bewertung der Angebote weiter beizubehalten.

Viele Ausschreibungsunterlagen enthalten bereits standardmäßig Preisgleitklauseln. Diese können dann im Rahmen der Vertragsverhandlung für den jeweiligen Einzelfall ausgehandelt werden. Bei der konkreten Ausgestaltung spielt insbesondere auch die Vertragsstruktur eine Rolle.

Öffentlichen Auftraggebern ist anzuraten, den Umgang mit den extremen Preissteigerungen proaktiv anzusprechen und eine gemeinsame Regelung mit den Bietern zu finden. Denn schließlich liegt weder eine Insolvenz des Bieters und künftigen Auftragnehmers noch ein erheblich einkalkulierter Preispuffer im Sinne eines Risikozuschlags im Interesse des öffentlichen Auftraggebers.

Weitere Informationen

Erlass Baustoffpreissteigerung

BMWSB Pressemitteilung Stoffpreisgleitklausel

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