Ob Sie lieber eine E-Mail senden, zum Telefon greifen oder das gute alte Fax nutzen. Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.
Zwischen Vertrauen und Kontrolle: Leistungsversprechen im Vergabeverfahren
Sichern die Bieter im Rahmen des Angebots zu, bestimmte Leistungen zu erbringen, entsteht damit grundsätzlich ein sogenanntes Leistungsversprechen. Solche Versprechen sind zentral für die Bewertung von Angeboten – doch was ist zu tun, wenn Zweifel an der Erfüllbarkeit dieser Versprechen aufkommen? Der folgende Beitrag soll unter Heranziehung der Entscheidung der VK Bund (Beschl. v. 28.05.2025 – VK 1-38/25) praxisrelevante Hinweise für Vergabestellen bieten.
Leistungsversprechen – was ist das eigentlich?
Mit Angebotsabgabe gibt ein Bieter grundsätzlich die konkrete Zusage ab, die Leistung auch wie angeboten ausführen zu können. Dies gilt beispielsweise für das einzusetzende Personal, zur Leistungsfähigkeit von Produkten, zur Einhaltung von Fristen oder zu projektbezogenen Abläufen. Bei diesen verbindlichen Aussagen handelt es sich grundsätzlich um sog. Leistungsversprechen der Bieter. Sie sind Teil des Angebots und werden somit bei Zuschlag zum Vertragsinhalt.
Doch für den Auftraggeber stellt sich oft die Frage, wie weit diesen Versprechen tatsächlich geglaubt werden darf. Denn in der Praxis zeigen sich mitunter Zweifel an den angebotenen Leistungen– etwa, wenn zugesagte Kapazitäten überambitioniert erscheinen oder Teammitglieder in anderen Projekten gebunden sind.
Grundsätzlich gilt: Der Auftraggeber darf und muss sich auf diese Versprechen grundsätzlich verlassen, sofern keine konkreten Anhaltspunkte vorliegen, die ihn an der Erfüllbarkeit dieser zweifeln lassen. Er ist nicht verpflichtet zu überprüfen, ob die Bieter ihre mit dem Angebot verbindlich eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen einhalten werden.
Bestehen allerdings konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an diesen Versprechen aufkommen lassen, ist eine Klärung ihrer Erfüllbarkeit erforderlich. Aus den vergaberechtlichen Grundsätzen der Gleichbehandlung sowie der Transparenz darf die Vergabestelle dann nicht mehr ohne Weiteres auf die Einhaltung dieses Versprechens vertrauen. Der Bieter muss dann in im Wege der Aufklärung plausibel darlegen, wie genau er das Versprochene einhalten will. Pauschale Aussagen wie „Unsere Kapazitäten sind ausreichend“ genügen in der Regel nicht.
Bleiben trotz Aufklärung Zweifel an der Erfüllbarkeit bestehen, kann ein Ausschluss des Angebots vergaberechtlich zulässig sein. Denn es genügt dann möglicherweise den in den Vergabeunterlagen geforderten Anforderungen nicht und stellt mithin eine unzulässige Änderung oder Ergänzung der Vergabeunterlagen dar (vgl. bspw. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV).
Praxistipps
Leistungsversprechen erkennen – und ernst nehmen:
Konkrete Aussagen im Angebot sind rechtlich bindende Zusagen. Deshalb sollten sie im Vergabeprozess nicht nur oberflächlich zur Kenntnis genommen, sondern gezielt identifiziert und bewertet werden.Zweifel dürfen (und müssen) aufgeklärt werden:
Bestehen konkrete Anhaltspunkte, dass ein Leistungsversprechen nicht realistisch ist, darf die Vergabestelle nicht blind vertrauen. Stattdessen muss sie aktiv Aufklärung betreiben.Angebotsausschluss als letztes Mittel:
Wenn trotz Aufklärung Zweifel bestehen bleiben, ist ein Ausschluss rechtlich zulässig – und notwendig, um die Gleichbehandlung aller Bieter zu wahren.Dokumentation ist Pflicht:
Der Umgang mit Zweifeln an einem Leistungsversprechen sollte vollständig dokumentiert werden, um eine vollständige und nachvollziehbare Vergabedokumentation zu gewährleisten. Dies umfasst insbesondere:Welche Zweifel bestanden?
Welche Informationen wurden angefordert?
Wie wurden die Antworten bewertet?
Fazit: Vertrauensvorschuss ja – aber nicht blind
Bieter dürfen (und müssen) sich im Angebot von ihrer besten Seite zeigen. Doch überzogene Versprechen, die in der Realität kaum haltbar sind, gefährden die Vergabeziele.
Die Rechtsprechung unterstreicht: Einem Auftraggeber obliegt es, zweifelhafte Leistungsversprechen zu hinterfragen. Dies stärkt nicht nur die Qualität der Vergabe – sondern auch die rechtssichere Umsetzung in der späteren vertraglichen Zusammenarbeit.