Ob Sie lieber eine E-Mail senden, zum Telefon greifen oder das gute alte Fax nutzen. Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.
Der Aufbau öffentlicher Ladeinfrastruktur als kommunale Gestaltungsaufgabe
Elektromobilität ist in Deutschland längst kein Nischenthema mehr, sondern entwickelt sich zum zentralen Baustein einer nachhaltigen und klimafreundlichen Mobilitätswende.
Bereits 2022 hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) mit dem „Masterplan Ladeinfrastruktur II“ das das Ziel formuliert, eine „benutzerfreundliche“ Ladeinfrastruktur (LIS) zu etablieren, die den Umstieg auf die Elektromobilität erleichtern soll. Mit dem Ziel, eine Million öffentlich und diskriminierungsfrei zugängliche Ladepunkte bis zum Jahr 2030 zu aufzubauen, soll Deutschland zum globalen Leitmarkt für E-Mobilität werden. Während Bund und Ländern die Schaffung geeigneter politischer und rechtlicher Rahmenbedingungen obliegt, kommt den Kommunen eine zentrale Rolle bei der Planung und beim Aufbau der Ladeinfrastruktur zu. Sie schaffen die planerischen und rechtlichen Voraussetzungen und gestalten somit aktiv die Mobilitätswende vor Ort.
Infrastrukturplanung
Zu Beginn des Planungsprozesses ist es empfehlenswert, ein sog. Ladeinfrastrukturkonzept zu erstellen, das den Bedarf für eine kommunale Ladeinfrastruktur analysiert und geeignete Standorte unter Berücksichtigung der vorhandenen Siedlungsstruktur und der Verkehrsführung aufzeigt. Ferner können Kommunen Nutzungskonflikten vorbeugen, indem sie den Aufbau von Ladeinfrastruktur in ihren informellen und formellen Planungen (z.B. Stadtentwicklungskonzept, Verkehrsentwicklungsplan, Flächennutzungsplan oder Bebauungsplan) verankern. Kommunen sollten dabei nicht nur den heutigen Bedarf, sondern auch die erwartete Entwicklung der Elektromobilität in den kommenden Jahren berücksichtigen.
Zu den wichtigsten Planungsaspekten zählen die Identifikation geeigneter Standorte, die Festlegung der erforderlichen Ladeleistungen (Normalladen, Schnellladen) und die Integration in bestehende Verkehrs- und Energienetze. Die Standortwahl ist ein entscheidender Erfolgsfaktor. Ladepunkte sollten dort errichtet werden, wo sie für die Nutzerinnen und Nutzer am sinnvollsten sind – etwa in Wohngebieten, an Verkehrsknotenpunkten, in Innenstädten, an Park-and-Ride-Anlagen oder in der Nähe von Gewerbegebieten. Besondere Bedeutung kommt dabei der Abstimmung mit bereits vorhandenen, öffentlich zugänglichen Ladepunkten im privaten Raum (z.B. an Tankstellen und Supermärkten) zu, die den Bedarf an Ladepunkten im öffentlichen Raum reduzieren können.
Genehmigungspflichten für den Aufbau von Ladesäulen
Die im nächsten Schritt erforderliche Einholung von Genehmigungen für den Aufbau der einzelnen Ladesäulen obliegt den Ladeinfrastrukturbetreibern – dies können nach einem entsprechenden Auswahlverfahren auch kommunale Unternehmen oder externe Betreiber sein. Welche Genehmigungen erforderlich sind, hängt davon ab, ob die jeweilige Ladesäule im öffentlichen Straßenraum oder auf privaten (ggf. öffentlich zugänglichen) Flächen errichtet werden soll.
Im öffentlichen Raum gelten Ladesäulen nach der Rechtsprechung als Zubehör der öffentlichen Straße und fallen nicht unter das Bauplanungs- oder Bauordnungsrecht (so VG München, Beschluss vom 02.02.2018 – M 2 E 18.2021, Rn. 15, juris; VGH München, Beschluss vom 13.07.2018 – 8 CE 18.1071, Rn. 15 f., juris). Für ihre Errichtung ist in der Regel eine Sondernutzungserlaubnis nach den straßenrechtlichen Bestimmungen des Landes einzuholen. Bei der Ermessensentscheidung über die Sondernutzungserlaubnis sprechen der in Art. 20a GG verankerte Klimaschutz, die Klimaziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes und der Klimagesetze der Länder sowie die Wertung von § 2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes für die Erlaubniserteilung. Alternativ kann die Erlaubnis auch über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag (§§ 54 ff. VwVfG) erteilt werden – eine Vorgehensweise, die für Kommunen sowohl Chancen als auch Risiken birgt. Zusätzlich können für Tiefbauarbeiten weitere Genehmigungen notwendig sein, etwa eine verkehrsbehördliche Anordnung (§ 45 Abs. 6 StVO), die Zustimmung des Tiefbauamts oder eine Aufbruchserlaubnis.
Im privaten Raum gelten Ladesäulen als bauliche Anlagen im Sinne der Landesbauordnungen. In den meisten Bundesländern sind sie verfahrensfrei, d. h. eine Baugenehmigung ist nicht erforderlich. Allerdings können je nach Standort zusätzliche Genehmigungen notwendig sein, z. B. eine naturschutzrechtliche Eingriffsgenehmigung, eine artenschutzrechtliche Genehmigung oder eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung.
Anlagenbezogene Anforderungen an Ladesäulen
Neben der Frage, ob für den Aufbau der einzelnen Ladesäulen Genehmigungen einzuholen sind, müssen diverse rechtliche und technische Anforderungen an die einzelnen Ladesäulen frühzeitig beachtet werden, um Genehmigungsprozesse möglichst reibungslos zu gestalten.
Anlagenbezogene Anforderungen ergeben sich insbesondere aus der neuen Alternative Fuel Infrastructure Regulation ((EU) 2023/1804; AFIR), die die bisherige AFID-Richtlinie ersetzt.
Für Ladesäulen im öffentlichen Raum gilt es die §§ 41 ff. BImSchG sowie die Vorgaben der 16. BImSchV zu beachten, die den Immissionsschutz beim Bau und bei der wesentlichen Änderung u.a. von öffentlichen Straßen regelt.
Soweit Ladesäulen im privaten Raum als bauliche Anlagen und nicht als Straßenzubehör zu qualifizieren sind, haben sie – auch wenn sie nach der jeweiligen Landesbauordnung verfahrensfrei sind – den Anforderungen des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts sowie des allgemeinen Immissionsschutzrechts zu entsprechen.
Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten in der Betriebsphase
Auch nach der Errichtung von Ladeinfrastruktur bestehen rechtliche Gestaltungsspielräume, um einen effizienten Betrieb sicherzustellen: Auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen können Flächen speziell für das Laden von Elektrofahrzeugen ausgewiesen werden. Die rechtliche Grundlage für die entsprechende Beschilderung findet sich im Elektromobilitätsgesetz in Verbindung mit der Straßenverkehrsordnung. Dadurch wird sichergestellt, dass die Stellplätze ausschließlich von E-Fahrzeugen während des Ladevorgangs genutzt werden dürfen.
Kommunen können auch Vorgaben zur zulässigen Parkdauer an Ladesäulen erlassen. Diese sind auf die jeweilige Ladeleistung abzustimmen, um den Durchsatz zu erhöhen und einen wirtschaftlichen Ladebetrieb zu gewährleisten.
Ausblick: Kommunale Ladeinfrastruktur als Schlüssel zur Mobilitätswende
Bei der erfolgreichen Umsetzung der Mobilitätswende in Deutschland stehen Kommunen an vorderster Front. Mit einer strategischen, vorausschauenden Planung können Kommunen die Weichen für eine emissionsarme Mobilität stellen, die Lebensqualität vor Ort steigern und neue Impulse für Wirtschaft und Standortattraktivität setzen. Die öffentliche Ladeinfrastruktur wird so zum Rückgrat einer modernen, vernetzten und klimafreundlichen Mobilität – und eröffnet Kommunen die Möglichkeit, als Impulsgeber für die Mobilität von morgen zu wirken.