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EU-Taxonomie: Anforderungen an eine einheitliche Nachhaltigkeitsberichterstattung

Fachbeiträge
EU-Taxonomie: Anforderungen an eine einheitliche Nachhaltigkeitsberichterstattung

Angesichts des Klimawandels haben sich die Mitgliedstaaten der EU 2019 durch den Vorschlag für ein europäisches Klimagesetz zur Verwirklichung einer CO2-neutralen Europäischen Union bis 2050 (Deutschland will dieses Ziel schon bis 2045 erreichen) darauf geeinigt, die EU klimaneutral zu machen (EU Green Deal).

Damit dieses umweltpolitische Ziel erreicht wird, sollen nicht nur die Finanzmärkte, sondern auch Investitionen und wirtschaftliches Handeln allgemein eine ökologisch nachhaltigere Rolle einnehmen („Sustainable Finance“): wirtschaftliches Engagement soll in nachhaltige Aktivitäten geleitet werden. Zur konkreten Umsetzung soll die sog. EU-Taxonomie (auch „Sustainable Finance Taxonomie“) dienen.

Die EU-Taxonomie ist ein Rahmenwerk für eine nachhaltige Unternehmensführung, mit dem sich die Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen auf Basis europaweit einheitlicher Richtwerte bestimmen und kommunizieren lässt. Durch die EU-Taxonomie als europäischem Standard sollen sich Wirtschaftsaktivitäten von Unternehmen auf Basis von einheitlichen Richtwerten von Investoren, Kunden und Lieferanten u.a. Stakeholdern beurteilen lassen.

Als ökologisch nachhaltig gelten wirtschaftliche Aktivitäten, wenn diese

  • einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung eines oder mehrerer der definierten Umweltziele (siehe unten) leisten,
  • dabei nicht eines oder mehrere der Umweltziele erheblich beeinträchtigen,
  • dabei ein Mindestmaß/-schutz in Bezug auf Menschenrechte ausgeübt wird und
  • den in der EU-Verordnung festgelegten technischen Bewertungskriterien entsprechen.

Umweltziele sind dabei

  1. Klimaschutz,
  2. Anpassung an den Klimawandel,
  3. Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen,
  4. Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft,
  5. Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung,
  6. Schutz und Wiederherstellung von Ökosystemen und Biodiversität.

Aktuell sind nur Kriterien für die ersten beiden Umweltziele (Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel) vorhanden. Kriterien für die übrigen vier Umweltziele sowie für die sozialen Mindeststandards werden derzeit entwickelt.

Die sachliche Anwendung der EU-Taxonomie erstreckt sich u.a. auf die Unternehmen, die unter die nicht-finanzielle Berichterstattung gemäß CSR-Richtlinie (2014/95/EU) fallen. In Deutschland sind dies Unternehmen, die die §§ 289b HGB bzw. 315b HGB anzuwenden haben. Kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) müssen die EU-Taxonomie derzeit nicht anwenden.

Für alle betroffenen Unternehmen ergeben sich durch die EU-Taxonomie umfassendere Vorgaben und Pflichten bei der Berichterstellung. Diese können im (Konzern-) Lagebericht oder in einem separaten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht werden.

Die zeitliche Anwendung der EU-Taxonomie hat schon begonnen: ab dem 1. Januar 2022 – d.h. auch für das Geschäftsjahr 2021 – sind Unternehmen demnach verpflichtet, ihre nichtfinanziellen Erklärungen gem. §§ 289b, 315b HGB zum ökologisch nachhaltigen Anteil der Umsatzerlöse, der Investitionsausgaben („CapEx“) sowie der Betriebsausgaben („OpEx“) zu ergänzen. Für diese drei sog. KPIs entsprechend zu berichten, d.h.

  • welcher Anteil der Umsatzerlöse eines Unternehmens wird mit taxonomiefähigen („taxonomy eligible“) Aktivitäten erzielt und wie ist davon der Anteil, der den Nachhaltigkeitskriterien der EU-Taxonomie entspricht?
  • welcher Anteil der Gesamtinvestitionen eines Unternehmens erfüllt die Nachhaltigkeitskriterien der EU-Taxonomie?
  • Welcher Anteil der Betriebsausgaben ist nachhaltig im Sinne der EU-Taxonomie?

Für das erste Berichtsjahr 2021 sind noch Erleichterungen vorgesehen, z.B. muss nur der Anteil an taxonomiefähigen Aktivitäten offengelegt und es kann auf die Angabe von Vorjahreswerten verzichtet werden. Ab 1. Januar 2023 hat sich dann die Berichterstattung auf die taxonomiekonformen („taxonomy-aligned“) Aktivitäten zu erstecken.

Ob eine Aktivität taxonomiefähig und damit möglicherweise nachhaltig ist (ausgeschlossen sind dabei von vornherein z.B. jegliche Aktivitäten, die mit Kohle in Zusammenhang stehen), wird anhand der sog. NACE-Codes geprüft. Aktuell sind das bestimmte Aktivitäten in folgenden Branchen:

  • Forstwirtschaft (z.B. Aufforstung, Waldbewirtschaftung, Wiederherstellung von Naturräumen),
  • Verarbeitendes Gewerbe/Herstellung von Waren (z.B. Herstellung von Batterien, Herstellung von CO2-armen Produkten, Herstellung von Zement, Aluminium, Wasserstoff, Eisen und Stahl u.a.),
  • Versorgung aus den Bereichen Elektrizität, Gas, Dampf und Klimaanlagen – z.B. Stromerzeugung aus nachhaltigen Quellen (Sonne, Wind, Geothermie), Speicherung von Strom,
  • Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung, Kanalisation, (z.B. Beseitigung von Umweltverschmutzungen, Kompostierung von Bioabfällen, Materialgewinnung aus ungefährlichen Abfällen, dauerhafte unterirdische geologische Speicherung von CO2),
  • Vekehr (z.B. Personenschienenverkehr, Schienengüterverkehr, öffentlicher Verkehr, Infrastruktur für kohlenstoffarmen Verkehr),
  • Informations- und Kommunikationstechnologie (z.B. Datenverarbeitung, datengetriebene Lösungen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen),
  • Bauwirtschaft und Immobilien (z.B. Sanierungsmaßnahmen, Einbau von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien),
  • Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlich und technischen Dienstleistungen (Forschung und Entwicklung im Bereich der direkten CO2-Abscheidung aus der Luft, Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden)

Wenn Taxonomiefähigkeit gegeben ist, so ist zu beurteilen, ob die wirtschaftliche Aktivität einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem der (künftig) sechs Umweltziele leistet. Wenn zusätzlich keine Beeinträchtigung der übrigen Umweltziele vorliegt und darüber hinaus auch die erst noch zu entwickelnden sozialen Mindeststandards der Taxonomie erfüllt sind, kann die wirtschaftliche Aktivität als taxonomiekonform bezeichnet werden.

Im Bereich der Datenverarbeitung muss z.B. das Kältemittel, das im Kühlsystem eines Rechenzentrums verwendet wird, bestimmte Kriterien erfüllen oder die verwendeten Geräte (u.a. Server, Datenspeicherprodukte) dürfen bestimmte umweltschädliche Stoffe nicht enthalten und ihr Recycling wird gemäß einem Abfallbewirtschaftungsplan gewährleistet.

Wie sollte man bei der Umsetzung der EU-Taxonomie weiter vorgehen? Es bietet sich folgende Vorgehensweise an:

  1. Schritt: Analyse der wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens und Identifizierung aller taxonomiefähigen Tätigkeiten.
  2. Schritt: Bestimmung der Taxonomiekonformität, d.h.
  • Welche Aktivität leistet welchen Beitrag zur welchem der Umweltziele?
  • Beeinträchtigen bestimmte Aktivitäten eines oder mehrere der anderen Umweltziele?
  • Werden die definierten sozialen Mindeststandards eingehalten?
  1. Schritt: Ermittlung der für die Nachhaltigkeitsberichterstattung erforderlichen Angaben, d.h. qualitative und quantitative Angaben je KPI und Umweltziel.

Die Entscheidungen von Anlegerinnen und Anlegern zur Beeinflussung von Unternehmensaktivitäten sollen einen Beitrag zur Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens und der angestrebten Klimaneutralität der EU leisten. „Greenwashing“ von Produkten und Investments soll über die Standardisierung der EU-Taxonomie der Vergangenheit angehören. Durch die Nachhaltigkeitskriterien sollen Investoren in der Lage sein, nachhaltige Investments schneller und leichter zu erkennen.

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