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Aufhebungsvertrag und anschließende Neuvergabe verhindern Schadensersatzanspruch!

Öffentliche Hand
Aufhebungsvertrag und anschließende Neuvergabe verhindern Schadensersatzanspruch!

Ein Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns besteht nicht, wenn der öffentliche Auftraggeber nach Zuschlagserteilung den bereits geschlossenen Vertrag mittels Aufhebungsvertrag beendet und sodann in Bezug auf den gleichen Auftrag ein neues, fehlerfreies Vergabeverfahren durchführt.

Sachverhalt

Ein öffentlicher Auftraggeber schrieb Bodenbelagsarbeiten nach Abschnitt 1 VOB/A öffentlich aus. An dem Vergabeverfahren beteiligten sich unter anderem der Kläger und ein Mitbieter. Die Vergabeunterlagen wiesen in einer Position des Leistungsverzeichnisses eine zu geringe Menge von 230 m² anstatt (richtig) 4.480 m² aus. Der Kläger bot in seinem Angebot für diese Position einen Einheitspreis von 6,75 EUR an, der Mitbieter bot 3,50 EUR an. Der Mitbieter erhielt als vermeintlich günstigster Bieter den Zuschlag auf sein Angebot. Anschließend wurde festgestellt, dass es bei der Wertung der Angebote zu einem Fehler gekommen war. Dadurch war das Angebot des Mitbieters geringfügig günstiger erschienen als das des Klägers. Daraufhin schloss die Beklagte mit dem Mitbieter einen Aufhebungsvertrag. Es wurde ein neues Vergabeverfahren unter Beteiligung des Mitbieters und des Klägers durchgeführt. Der Mitbieter erhielt erneut den Zuschlag.

Im Klageverfahren begehrte der Kläger Schadensersatz für den ihm im ersten Vergabeverfahren entgangenen Auftrag in Höhe von 32.203,13 €, nebst Verzugszinsen. Das Landgericht wies die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht das Urteil abgeändert und der Klage wegen der Hauptforderung nebst Prozesszinsen stattgegeben. Der BGH hatte über die eingelegte Revision zu entscheiden.

Entscheidung

Der BGH hebt das Berufungsurteil auf! Nach Auffassung des Senats steht dem Kläger kein Schadensersatzanspruch auf Ersatz des Gewinns zu, den er mit der Ausführung des Auftrags erzielt hätte (§ 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB). Ein solcher Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass ein Bieter wegen einer verfahrensfehlerhaft erfolgten Vergabe rechtswidrig übergangen wurde und bei ordnungsgemäßer Vergabe den Auftrag hätte erhalten müssen. Weiter muss ein Zuschlag tatsächlich erteilt worden sein.

Das streitige Vergabeverfahren ist zwar zunächst mit einem Zuschlag abgeschlossen worden, zu Unrecht habe aber das Berufungsgericht außer Acht gelassen, dass der öffentliche Auftraggeber nachdem der Übertragungsfehler festgestellt worden war, mit dem Mitbieter die Aufhebung des geschlossenen Vertrags vereinbart und sodann ein neues Vergabeverfahren durchgeführt hat.

Ein Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns komme nicht in Betracht, wenn der öffentliche Auftraggeber durch Aufhebungsvertrag und anschließende Neuvergabe wirtschaftlich und wertungsmäßig das entsprechende Ergebnis wie bei der erstmaligen Vergabe herbeiführt. Denn ein Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns ist grundsätzlich nur dann gegeben, wenn der „falsche“ Bieter den Auftrag auch tatsächlich erhält. Vorliegend sei das nicht der Fall, weil es zu einem den gesamten Auftrag betreffenden Aufhebungsvertrag und einer sich daran anschließenden Neuvergabe gekommen ist. So wurde das Recht des übergangenen Bieters auf Teilhabe am Vergabeverfahren und Wahrung seiner Chance bei der Auftragsvergabe ausreichend gewahrt.

In Betracht käme ein Anspruch gerichtet auf das negative Interesse (Aufwendungsersatz). Dieser wurde allerdings nicht geltend gemacht.

Fazit

Die Entscheidung fügt sich in die gängige Rechtsprechung ein: Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns kommt nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht.

Für den Auftraggeber besteht auch nach Zuschlagserteilung die Möglichkeit, Fehler zu beseitigen. Ein Aufhebungsvertrag stellt ein solches Gestaltungsmittel dar, sofern im Anschluss der Auftrag erneut im Rahmen eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens vergeben wird.

Maßgebliche Entscheidung: BGH, Urt. v. 23.11.2021 – XIII ZR 20/19

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